am Puls Biologie 5, Schulbuch
33 Die Ordnung des Lebendigen Das Elektronenmikroskop Viel mehr Details als jedes Lichtmikroskop zeigt das Elektronenmikroskop (EM), wo Elektronen- strahlen anstelle von Lichtstrahlen zum Einsatz kommen. Diese sind für unser Auge unsichtbar – man kann also nicht in ein Elektronenmikroskop „schauen“ wie in ein Lichtmikroskop. Die Elektro- nen werden stattdessen von einem Detektor registriert und am Computer zu einem Bild um- gewandelt. Die Bilder sind dadurch immer schwarzweiß ( k Abb. 28 c), natürlich können De- tails nachträglich eingefärbt werden ( k Abb. 28b). Farbige EM-Bilder von Bakterien, Viren oder Zel- lorganellen sind daher immer Kunstprodukte. Elektronenmikroskope können viel feinere Details als Lichtmikroskope auflösen, daher müssen die Objekte viel sorgfältiger präpariert werden. Zu- dem muss das Objekt im Vakuum untersucht wer- den, da Luftmoleküle den Elektronenstrahl stören und die Beobachtung unmöglich machen. Es werden zwei Arten von EM unterschieden: Transmissions-Elektronenmikroskope (TEM) durchstrahlen Präparate und zeigen so das Innenleben von Zellen in hoher Auflösung ( k Abb. 28 c). Sogar einzelne Proteinkomplexe kann man mit dem TEM sichtbar machen. Zellen und Gewebe müssen für dieses Verfahren extrem dünn geschnitten werden (Ultradünnschnitte). Beim Raster-Elektronenmikroskop (REM, engl. SEM für scanning electron microscope) werden Oberflächen von Objekten Punkt für Punkt ab- getastet (der Elektronenstrahl „rastert“ die Ober- fläche), wodurch plastisch wirkende Bilder mit feinen Details der Oberfläche entstehen. Die Prä- parate werden dazu mit Gold bedampft, welches ein ideales Material für die Abtastung durch den Elektronenstrahl darstellt. Elektronenmikro- skope zeigen kleins- te Details innerhalb von Zellen oder auf Oberflächen von Objekten. Funktionsprinzip von LM und EM im Vergleich Das Funktionsprinzip von LM und EM ist ähnlich: Bei beiden wird das Objekt bestrahlt und durch- gelassene oder reflektierte Strahlen werden registriert. Warum erkennt man dann im EM viel mehr Einzelheiten? Das Auflösungsvermögen eines Mikroskops gibt an, wie nahe sich zwei Punkte sein dürfen, um noch getrennt wahrge- nommen zu werden. Das hängt von mehreren Faktoren ab. Entscheidend ist die Wellenlänge der verwendeten Strahlung. Sichtbares Licht hat eine Wellenlänge von zirka 400 bis 800nm (Nano- meter, Milliardstel Meter), die Auflösungsgrenze eines guten LM entspricht etwa der Hälfte der Wellenlänge, also bestenfalls 200nm. Elektronenstrahlen weisen eine viel geringere Wellenlänge auf, was allerdings von der verwen- deten Spannung abhängt). Jedoch verschlech- tern so genannte Aberrationen (physikalisch be- dingte Störungen) der Bauteile die nutzbare Auflösung auf das Hundertfache der Wellenlän- ge. Bei einer Wellenlänge von 0,001 nm ergibt das immerhin noch eine Auflösungsgrenze von 0,1 nm – das ist fast eine atomare Auflösung! Wozu werden überhaupt noch LM verwendet, wenn EM so fantastische Auflösungsvermögen aufweisen? Zum einen sind EM viel teurer. Dazu ist die Präparation von Objekten viel aufwändi- ger (Ultradünnschnitte für TEM, Bedampfen mit Gold für REM). Des Weiteren können keine leben- digen Präparate betrachtet werden, da die Objek- te Vakuum ausgesetzt werden müssen. Und schließlich nützen hochauflösende EM-Bilder nichts, wenn man einen größeren Überblick über die beobachteten Objekte haben möchte. Genau hier liegt eines der gegenwärtigen Pro- bleme der Mikroskopie: Zwischen den Über- blicksbildern von LM und den Detailbildern von EM fehlen mehrere Größenordnungen – auf einer Luftaufnahme des Donauinselfestes kann man ebenso wenig ein Gesicht erkennen, wie auf einem Porträtfoto das ganze Fest rundum. Um diese Auflösungslücke zu schließen, treibt die Wissenschaft die Entwicklung neuer Ver- fahren voran. LM und EM haben ein ähnliches Funk- tionsprinzip. Beide Verfahren haben Vor- und Nachteile. Aufgaben W 1 Warum verwenden Biologinnen und Biologen immer noch Lichtmikroskope, ob- wohl Elektronenmikroskope viel stärker ver- größern? W/E 2 Informiere dich im Internet über die Bauteile eines Lichtmikroskops und versuche, diese an Mikroskopen der Schule wiederzu- finden. E 3 Suche mikroskopische Bilder im In- ternet (Bildersuche) und versuche zu erken- nen, ob sie von LM, TEM oder REM stammen. Die jeweiligen Websites geben Auskunft, ob du richtig beurteilt hast. E 4 Führe Untersuchungen mit Schulmi- kroskopen durch. Moosblättchen eignen sich gut. Vielleicht gibt es an deiner Schule Dauer- präparate von fixierten Objekten, oder du stellst einen „Heuaufguss“ her (Anleitungen findest du im Internet). Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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