am Puls Biologie 5, Schulbuch
101 Tierphysiologie Exkretion beim Menschen: Funktion der Niere Basiskonzepte Steuerung und Regelung: Ein wesent- licher Mechanismus unseres Körpers ist Osmoregulation . Sie steuert den Wasser- haushalt in unseren Zellen und Geweben. Während Pflanzenzellen bei Wassermangel schrumpfen und bei Wasserüberschuss quel- len (und dies bis zu einem gewissen Grad pro- blemlos vertragen), sind tierische Zellen hier sehr empfindlich. Unsere Körperzellen sind daher auf die genaue Osmoregulation durch die Nieren angewiesen. Struktur und Funktion: Die Vorgänge in der Henleschleife funktionieren nach dem Gegenstromprinzip , das im Tierreich weit verbreitet ist. Dabei strömen zwei Medien ge- genläufig aneinander vorbei, somit wird ent- lang der ganzen Austauschstrecke ein maxi- maler Konzentrationsunterschied erzeugt. (Vergleiche dazu die Zahlen zu den Konzen- trationsunterschieden in Abbildung 7). Der Blutstrom in den Kapillaren in unmittelbarer Nähe zur Henleschleife erfolgt in Gegenrich- tung zum Harnstrom (siehe Pfeile in Abb. 6 auf S. 100). Dies verstärkt die Konzentrations- unterschiede und erhöht somit die Effizienz der Reabsorption zusätzlich. Das Gegenstrom prinzip ist in vielen Bereichen der Biologie zu finden: Der Gasaustausch in einer Fischkie- me, der Wärmeaustausch zwischen Blut und Gewebe u. v.m. sind Beispiele dafür. Auch in der Technik ist das Konzept verbreitet: Wär- metauscher (zB in Kraftwerken) arbeiten nach dem Gegenstromprinzip. Dies zeigt deutlich, dass Funktion und Struktur miteinander ver- knüpft sind. Wie eingangs in Kapitel 4.2 mit dem Vergleich zum Aufräumen eines Zimmers beschrieben, läuft die Exkretion nach den Schritten Filtration, Reabsorption und Ausscheidung ab. Dies gilt nicht nur für die vorher beschriebenen Exkreti- onsorgane verschiedener Tiere, auch die Niere des Menschen arbeitet nach diesem Prinzip. Der erste Schritt ist die Filtration . Dazu presst der Blutdruck das Blut durch einen engen Filter. Dieser besteht aus einem Knäuel von Kapillaren, dem Glomerulus, und der Innenwand der Bow- mankapsel ( k Abb. 7 und 6 a). Sowohl die Gefäße des Glomerulus als auch die inneren Zellen der Bowmankapseln sind porös. Dadurch werden Blutzellen und große Proteinmoleküle im Blut zu- rückgehalten, während Wasser samt allen darin gelösten kleinen Teilchen als Filtrat den vorderen Tubulus erreicht. Dieses Filtrat wird Primärharn genannt. Unsere Nieren werden täglich von ca. 1 500 l Blut durchströmt und produzieren daraus ca. 180 Liter Primärharn – weit mehr Flüssigkeit, als ein menschlicher Körper enthält! Folglich ist der zweite Schritt, die Reabsorption , nötig, um die Harnmenge zu reduzieren: Wasser und wertvolle Stoffe müssen zurückgewonnen werden, während ein Minimum an Wasser mit dem gelösten Harnstoff als Harn übrig bleibt. Dazu wird dem Primärharn zunächst Wasser ( k Abb. 6 und 7b) entzogen. Danach folgen gelös- te Stoffe, die zuerst passiv dem Wasser folgen, dann aktiv (also unter Energieaufwand) aus dem Harn transportiert werden ( k Abb. 6 und 7c). Die Henleschleife ( k Abb. 6 und 7d) baut in der Gewebsflüssigkeit im Mark eine hohe Salzkon- zentration auf, die dem Tubulussystem Wasser entzieht. Dieser Wasserentzug findet sowohl in der Henleschleife als auch im Sammelrohr statt, so dass der Endharn stark konzentriert ist: Aus ca. 180 l Primärharn werden 1,5 l Endharn am Tag, der dann durch die Harnblase und die Harnröhre ausgeschieden wird. Die Funktion der Niere ist fein reguliert: Sicher ist dir schon aufgefallen, dass dein Harn nicht immer gleich aussieht. Das liegt an der Konzen- tration von Harnstoff (ua. gelösten Stoffe): Trinkst du viel Wasser, ist dein Harn stärker ver- dünnt, trinkst du zu wenig, ist der Harn entspre- chend mehr konzentriert. Das hat damit zu tun, dass der zuvor beschrie- bene Prozess nicht immer mit der gleichen Inten- sität abläuft. Vielmehr wird durch die Wasser- rückgewinnung der Wasserhaushalt unseres gesamten Körpers genau gesteuert. Diese Re- gulation unseres Wasserhaushalts, die so ge- nannte Osmoregulation, ist lebenswichtig. Sie stellt einen wesentlichen Teil der auf S. 97 be- schriebenen Homöostase des Körpers dar. Zu- sätzlich kann die Wasserausscheidung durch Hormone der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) reguliert werden. Wie du siehst, übernehmen deine Nieren lebens- wichtige Funktionen. Zur Gesunderhaltung der Nieren ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr nötig. Wassermangel belastet die Nieren, daher ist es wichtig, regelmäßig und ausreichend zu trinken. Die Reinigung des Blutes in den Nieren erfolgt in den drei Schritten Filtration, Reabsoption und Ausscheidung Struktur und Funktion Steuerung und Regelung Abb. 7: Exkretion im Nephron. Der Weg des Harns von der Bowmankapsel (a) zum Sammelrohr (e) ist durch Pfeile dargestellt. Im vorderen und hinteren Tubulus (b und c) erfolgt ein Stoffaustausch zwischen Harn und Blut, zB wird Glukose aus dem Harn zurückgewonnen. Der absteigende Ast der Henleschleife (d) ist für H 2 O, nicht aber für NaCl durchlässig. Das führt zu einer hohen Konzentration an der Kehre der Schleife. Der aufsteigende Ast hingegen ist für NaCl, aber nicht für H 2 O durchlässig. Im absteigenden Ast der Henleschleife (d) und im Sammelrohr (e) wird v. a. H 2 O zurückgewon- nen, im aufsteigenden Ast v. a. NaCl (passiv und aktiv). Dadurch wird die Konzentration des Harns gesteuert Die Zahlen geben die Konzentration des Harns an. 1200 1200 300 300 100 100 400 600 400 600 900 200 400 700 300 300 Rinde Bowmankapsel mit Glomerulus vorderer Tubulus hinterer Tubulus Glukose Osmolarität der Gewebe- flüssigkeit Mark Sammel- rohr Henleschleife H 2 O, Salze, Harnstoff H 2 O H 2 O H 2 O H 2 O H 2 O H 2 O Harn- stoff passiv aktiv NaCl NaCl NaCl NaCl H 2 O NaCl 300 400 600 900 1200 undurchlässig für H 2 O Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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