Big Bang 2, Schulbuch

8 1 Alles in deinem Leben hat mit Physik zu tun Das Überprüfen der Sockenfarbe von unendlich vielen Socken hat sehr viel mit der Art des wissenschaftlichen Arbeitens zu tun. B 1.10 Umgewandelt – nicht erzeugt! Energie wird nicht erzeugt, sie wird umgewandelt – das ist aber etwas ganz anderes! In einem Wasser- kraftwerk wird zum Beispiel von der enormen mecha- nischen Energie eines Flusses etwas abgezwackt ( B 1.11 ) und damit elektrische Energie erzeugt. Dabei entsteht, quasi als Abfall, auch Wärmeenergie. In Summe sind die Energiemengen vorher und nachher aber exakt gleich groß . Eine riesige Kaplan-Turbine im Kraftwerk Freudenau bei Wien. Diese treibt wiederum einen Generator an, der mechanische Energie in elektrische umwandelt (siehe auch B 6.7 , S. 47 ). B 1.11 Energie wird auch nicht verbraucht, sondern letztlich in Wärme umgewandelt. Ein intensiv genutztes Handy wird zum Beispiel ganz heiß. Die elektrische Energie aus dem Akku wird in Wärmeenergie umgewandelt, und diese verpufft nutzlos in die Umgebung. Es kommt dir jetzt vielleicht ein bisschen komisch vor, aber Wissenschaften funktionieren ganz ähnlich wie das Überprüfen der Sockenfarbe in einer unendlich großen Sockenlade . Nehmen wir als konkretes Bei- spiel den Energieerhaltungssatz ( Kap. 6.2 ), einen der wichtigsten Sätze der gesamten Physik. Wie der Name schon vermuten lässt, besagt er, dass die Energiemen- ge in diesem Universum generell erhalten bleibt. Es wird also, und das ist für dich wahrscheinlich eine große Überraschung, weder Energie erzeugt noch verbraucht – auch wenn man das im Alltag immer wieder schlampig sagt ( A6 ; 1  Info: Umgewandelt – nicht erzeugt! ). Dass die Energie erhalten bleibt, vermutete bereits um 1850 der Arzt Robert Mayer , der nebenbei auch Hobby- physiker war. So eine Vermutung nennt man in den Wissenschaften eine Hypothese . Mayer stellte also die Hypothese auf, dass Energie immer erhalten bleibt. Seit weit über 150 Jahren hat man in Millionen von Experimenten festgestellt, dass das wirklich der Fall ist ( 1  Info: Krawumm ). Jedes dieser unzähligen Expe- rimente ist mit dem Herausnehmen eines Sockens aus der Lade vergleichbar. Hätte nur ein einziges Experi­ ment gezeigt, dass die Energiemenge nicht konstant bleibt (das entspräche einem andersfarbigen Socken), dann hätte man die Hypothese verwerfen müssen. So aber kann man sich inzwischen wirklich sehr sehr sicher sein, dass die Energie im Universum wirklich erhalten bleibt. Aus der Hypothese ist eine Theorie geworden. An diesem Mechanismus siehst du etwas ganz Wich­ tiges: Man darf in den Wissenschaften nicht einfach bloß etwas behaupten. Man muss jede Hypothese durch Experimente untermauern. Wenn diese schei- tern, dann muss man quasi zurück an den Start und eine neue Hypothese aufstellen. Genau dieses Vorge- hen unterscheidet Wissenschaften von Pseudo-Wissen- schaften. Letztere tun zwar wissenschaftlich, aber es werden Dinge entweder einfach ohne Überprüfung behauptet, oder man pfeift auf Untersuchungen, die eigentlich das Gegenteil belegen ( 1  Info: Ein Blick in die Vergangenheit ). Aus der Arbeitsweise der Wissenschaften kannst du aber noch etwas anderes lernen, was zunächst ver- blüffend und auch irritierend ist. Eine Theorie ist nämlich niemals zu 100% sicher , weil man eben nicht unendlich viele Experimente machen kann. Irgend- wann einmal muss man verallgemeinern und sagen: „Das ist immer so“. Deshalb kann es passieren, dass man – oft nach langer Zeit – eine Theorie nachbessern oder verändern muss, weil die Wissenschaftler doch auf etwas Neues draufgekommen sind. Ein gutes Beispiel ist das Atommodell ( Kap. 9.1 ), das man auf Grund neuer experimenteller Ergebnisse immer wie- der verändern musste. Auf diese Art und Weise ent­ wickeln sich die Wissenschaften immer weiter . Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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