Bausteine Geschichte 4, Begleitband für Lehrerinnen und Lehrer

10 Das Plakat kann als Quelle zur kritischen Beschäftigung mit der Vergangenheit genutzt werden. Man kann überlegen, warum Diktatoren sich häufig mit Kindern zeigen. Am ehesten wirkt das Gemälde auf dem Plakat wie ein Herrscherporträt. zu 2: Fotografie Russische Zivilbevölkerung 1. Beschreiben (allgemein) Im Mittelpunkt der Schwarz-Weiß-Fotografie eines gesprengten, deutschen Heeresverpflegungslagers steht eine Menschenmenge. Einzelne Menschen sind nicht deutlich zu erkennen. Es werden keine Symbole verwendet. Das Foto wurde 1942 von Paul Botzenhardt aufgenommen. 2. Beschreiben (genau) Alle Personen auf dem Foto wirken ärmlich bekleidet. Manche bücken sich. Andere sehen aus, als würden sie miteinander sprechen oder Gegenstände tauschen. Es sieht so aus, als wäre es kalt. Viele tragen Kopf­ bedeckungen oder haben sich einen Schal umgewickelt. 3. Erklären und interpretieren Das Foto, das ein vermutlich deutscher Fotograf 1942 aufgenommen hat, soll zeigen, dass die russische Zivilbevölkerung nicht ausreichend mit Nahrungs­ mitteln versorgt war und deshalb in dem gesprengten Heeresverpflegungslager der Deutschen nach Essen sucht. Man kann nicht feststellen, wer das Foto in Auftrag gegeben hat. Der Name des Fotografen klingt deutsch. Vielleicht wollte er dokumentieren, was mit dem deutschen Verpflegungslager passiert ist. Das Foto kann als Quelle genutzt werden, um zu zeigen, wie schlecht die Versorgung der Bevölkerung der Sowjet- union nach der Zwangskollektivierung in der Landwirt- schaft funktioniert hat. Individuelle Lösungen (Beispiel) Hinweis: Die unterschiedlichen Zahlenangaben könnten mit der Einstellung zusammenhängen, die die Historiker zum sowjetischen Herrschaftssystem haben. Anton Antonov-Ovseenko wurde von der sowjetischen Regierung verfolgt und kannte Arbeitslager aus eigener Erfahrung, der Brite Robert Conquest war ein ehemaliger Anhänger der kommunistischen Ideen. Auffällig ist, dass die dokumentierten Zahlen der Exekutionen weit unter den Schätzungen der Historiker liegen. Das könnte damit zusammenhängen, dass die Aufzeichnungen und Dokumente unvollständig sind. Methode „Statistiken auswerten“ Individuelle Lösungen (Beispiel) 1. Überblick Die Statistik zeigt Schätzungen des Ausmaßes stalinistischer Gewalt in den Jahren 1937/38. Der Historiker M. Hildermeier vergleicht 1998 die Schätzun- gen mehrerer Personen. In einer Tabelle werden übersichtlich die Schätzungen von Anton Antonov-Ovseenko, Robert Conquest sowie „wissenschaftlich erforschten“ Daten angeführt. Es geht sowohl um die Zahl der Festnahmen und Häftlinge in Lagern und Gefängnissen als auch um die Zahl der Toten bzw. der Exekutionen in den Jahren 1937/38 in der Sowjetunion unter Stalin. 2. Analyse Es wird deutlich gesagt, dass es sich bei den Angaben um Schätzungen handelt. Die Zahlen unterscheiden sich zum Teil massiv. Die wissenschaftlich belegten Daten sprechen von ca. 2,5 Mio. Festnahmen, 2 Mio. Häftlingen, 160 084 Toten in Lagern und 681 692 durchgeführten Exekutionen. Conquest nimmt durchwegs mindestens doppelt bis viermal so hohe Werte an, Antonov-Ovseenko verdoppelt Conquests Angaben und geht von knapp 19 Mio. Festnahmen und 16 Mio. Häftlingen aus. Zu den Toten und Exekutierten macht er keine Angaben. 3. Interpretation Vermutlich handelt es sich bei Anton Antonov-Ovseenko um einen russischen Historiker. Der Name Robert Conquest klingt britisch. Alle Schätzungen beruhen auf Augenzeugenberichten und sind deshalb als schwierig einzustufen. Die wissenschaftlich belegbaren Daten sind vermutlich nicht komplett. Die Schätzungen sollen ermöglichen, sich mit der Regierungszeit Stalins, konkret mit den Jahren 1937/38, auseinanderzusetzen und zu klären, was mit Regierungsgegnern passiert ist. Hinweis: Antonov-Ovseenko (1920–2013) war ein russischer Historiker, dessen Vater bereits den stalinisti- schen Säuberungen zum Opfer fiel. Er selbst verbrachte Jahre im Gefängnis und in Verbannung. Er schrieb unter anderem nach seiner Rehabilitierung 1957 eine Stalin-​ Biografie. 2001 gründete er das Moskauer GULAG Museum. Der Brite Robert Conquest (1917–2015) gilt als einer der bedeutendsten westlichen Stalinexperten. Besonders die beiden Bücher „Der große Terror“ und „Die Ernte des Todes“ gehören mittlerweile zur Standardliteratur über die Verbrechen des Stalinismus. Individuelle Lösungen (Beispiel) Die Überschrift „Diktatur der Armen?“ spielt meiner Meinung nach auf die Ideologie des Kommunismus und dessen Motto „Diktatur des Proletariats“ an. Demnach sollten die Gewinne aus der Produktion verteilt, der Unterschied zwischen Arm und Reich aufgehoben und so die Lebensbedingungen für die Arbeiterschicht verbessert werden. Im Stalinismus herrschten aber nicht die Armen, sondern gewaltsam eine diktatorische Partei mit ihrem Parteiführer Stalin. Zur Unterdrückung kamen noch Zwangskollektivierung und Hunger hinzu. Lösungen zu den Übungen Mann mit Schirm- kappe und Besen 1 2 Könige mit Kronen und Hermelinmänteln Sturz der Monarchien 2 3 Mann mit Geldsack und Zylinder Entmachtung reicher Bürger 3 1 Lenin Entmachtung der orthodoxen Kirche 4 4 Pope (= Priester) mit schwarzem Talar Methode „Karikaturen verstehen“ Individuelle Lösungen (Beispiel) 1. Überblick Die Karikatur wurde als Propagandaplakat von Wiktor Nikolajewitsch Deni 1920 gezeichnet. Sie zeigt Lenin auf der Welt stehend. Er kehrt mehrere Personen von der Weltkugel. Er trägt einen einfachen schwarzen Anzug und eine braun karierte Schirmmütze. Zwei Könige mit Kronen und Hermelinmänteln, ein Bürger mit Geldsack, schwarzem Frack und Zylinder und ein russischer Priester stürzen bereits von der Weltkugel. Der Text zum Plakat lautet: „Genosse Lenin säubert die Welt von Unrat.“ Er ist kyrillisch geschrieben. 2. Analyse Das Plakat soll zeigen, dass Lenin alle Gegnerinnen und Gegner gnadenlos entfernt. Lenin lächelt und sieht dabei sehr zufrieden aus. Es ist anzunehmen, dass der Zeichner leninfreundlich eingestellt war, weil er 4. 5. 6. AH 1. 2. D i ktaturen i n EuroPa 1 Nur zu Prüfzweck n – Eigentum des Verlags öbv

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