Bausteine Geschichte 4, Schulbuch

54 Entkolonialisierung Kolonien werden selbstständige Staaten. Warum Freiheitsbewegungen? Während des Zweiten Weltkriegs und auch danach konnten die Kolonialmächte die Kontrolle über ihre noch bestehenden Kolonien nur noch schwer aufrechterhalten. In den Kolonien in Asien und später auch in Afrika entstanden Unabhängigkeitsbewegungen. Sie wurden häufig von Männern angeführt, die an Universitäten studiert hatten. Dort lernten sie kommunistisches Gedankengut und die Ideen der Demokratie und des Nationalismus kennen. Die UNO forderte das Selbstbestimmungsrecht der Völker ein. Neue Staaten entstanden. Die ehemaligen Mutterländer, die USA und die Sowjetunion versuchten zur Zeit des Kalten Krieges und danach, diese Staaten politisch zu beeinflussen. Sie wollten militärische Stützpunkte und billige Rohstoffe für ihre Industrie sichern. Folgen für die neuen Staaten Die Hoffnung auf ein besseres Leben in den neuen Staaten erfüllte sich selten, weil die wirtschaftliche Abhängigkeit von den Industriestaaten bestehen blieb. Nach dem Abzug der Kolonialherren fehlten Fachleute in allen Bereichen. Häufig stritten sich verschiedene Interessensgruppen, wer künftig regieren sollte. Oft setzte sich ein Diktator mithilfe des Militärs oder der Großmächte durch, für die wirtschaftliche Interessen wichtiger als Menschenrechte waren. Naturkatastrophen, Hungersnöte, Seuchen und medizinische Unterversorgung verschlimmerten die Lage. Religions- und Sprachenvielfalt sowie Grenzstreitigkeiten mit Nachbarstaaten führten zu Bürgerkriegen und Kriegen, in denen tausende Menschen getötet oder in die Flucht getrieben wurden. In riesigen Flüchtlingslagern leiden heute hunderttausende Menschen große Not. A B Flüchtlinge im eigenen Land (Pressefoto, Fotograf Stephen Morrison, Demokratische Republik Kongo, 2008) Kriegerische Auseinandersetzungen in und zwischen ehemaligen Kolonien sind bis heute die Ursache für Zerstörung, Vertreibung, Not und Tod. Dass Menschen aus Flüchtlingslagern in ihre Heimatdörfer zurückkehren können (wie auf der Abbildung), ist selten möglich. 2 Ehemalige Kolonien, die nach 1939 unabhängig wurden (Geschichtskarte) Die Grenzen der ehemaligen Kolonien in Afrika waren in der Kolonialzeit von Verwaltungsbeamten der Mutterländer teilweise mithilfe des Lineals auf der Landkarte festgelegt worden. Dies war ohne Rücksicht auf die Wünsche der ansässigen Bevölkerung und deren Religion, Sprache oder Kultur geschehen. Auch auf natürliche Grenzen wie Flüsse oder Gebirge wurde wenig Rücksicht genommen. Der Versuch, mit der Unabhängigkeit Indiens zwei Nachfolgestaaten mit religiösen Mehrheiten zu schaffen, führte zu Wanderungswellen und mehreren Kriegen um die Grenzen. Mehr als sechs Millionen Menschen islamischen Glaubens wanderten nach Pakistan. Etwa gleich viele Hindus zogen nach Indien. Bei Ausschreitungen während der Wanderungen kamen etwa 500 000 Menschen ums Leben. Die UNO entsendet seit 1949 militärische Beobachtungstruppen in das umstrittene Gebiet. Sowohl Indien als auch Pakistan verfügen über Atomwaffen. 1 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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