Raumgeometrie. Konstruieren und Visualisieren [Theoriebuch]

1 Projektionen und Risse Strecken werden in der Regel verzerrt abgebildet, also verkürzt oder verlängert. Der Verzerrungsfaktor einer Strecke ist jene Zahl v, mit der man die Länge der Strecke AB multiplizieren muss, um die Länge der Bildstrecke A p B p zu erhalten. So bedeutet etwa v = 0,7, dass die Länge der Bildstrecke 70 Prozent der Länge der Raumstrecke beträgt. Begründe, dass parallele Strecken denselben Verzerrungsfaktor haben. Verzerrungsfaktoren können sehr klein, aber auch sehr groß sein. Denke an deinen Schatten, wenn die Sonne sehr hoch bzw. sehr tief steht. Bei einer Normalprojektion ist der Verzerrungsfaktor hingegen höchstens 1; Strecken werden also verkürzt (oder höchstens gleich lang) abgebildet. Begründe diese Aussage anhand von  Fig. 1.10. Wenn eine Strecke unverzerrt abgebildet wird (v = 1), so muss das nicht bedeuten, dass sie parallel zur Bildebene liegt. Denke etwa an deinen Schatten auf einer waagrechten Ebene, wenn die Sonnenstrahlen unter 45° einfallen. Nur bei der Normalprojektion folgt aus v = 1, dass die abge- bildete Strecke parallel zur Bildebene ist. Fig. 1.10 n B n A B A p p  Fig 1.10 Wenn wir Strecken, Winkel oder Flächen in der Bildebene messen, erhalten wir in der Regel andere Ergebnisse als im Raum. Die Verzerrung hängt dabei von der Lage zur Bildebene π und zum Projektionspfeil p ab. Wir unter- scheiden bei Geraden und Ebenen drei Lagen: die allgemeine Lage (weder parallel zu π noch zu p), die Hauptlage (parallel zu π ) und die projizierende Lage (parallel zu p).  Fig. 1.11 illustriert diese drei Lagen für eine Ebene. Bei der allgemeinen Lage treten Verzerrungen auf; ein Parallelogramm wird aber immer auf ein Parallelogramm abgebildet. Bei der Hauptlage gibt es keine Verzerrung, da die Projektion als Schiebung aufgefasst werden kann. Bei der projizierenden Lage ist die Verzerrung extrem; die Ebene wird auf eine Gerade abgebildet. Fig. 1.11 p p p p p p  Fig 1.11 Zentralprojektion Die Zentralprojektion hat leider nicht so angenehme Eigenschaften wie die Parallelprojektion. Der Grund liegt in der Abbildung paralleler Geraden, die nur in Ausnahmefällen auf parallele Geraden abgebildet werden. Abbildung paralleler Geraden Projiziert man zwei parallele Geraden a und b, so haben die durch a und b gehenden projizierenden Ebenen eine Schnittgerade s, die parallel zu a und b ist und durch O geht. • Sind a und b nicht parallel zur Bildebene p ( Fig. 1.12, links), so verlaufen die Bildgeraden a c und b c durch den Schnittpunkt F von s mit p . Dieser Punkt wird als Fluchtpunkt von a und b bezeichnet. • Sind a und b hingegen parallel zur Bildebene p ( Fig. 1.12, rechts), so sind die Bildgeraden a c und b c parallel zu a und b. Die Schnittgerade s erzeugt keinen Fluchtpunkt, da sie parallel zu p ist. c a c b a b O p F A B c A c B s c a c b a b O p A B c A c B s  Fig 1.12 k Def  Def  8 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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