Raumgeometrie. Konstruieren und Visualisieren [Theoriebuch]
Die Bildebene π hat eine Oberseite und eine Unterseite; die Oberseite ist dem Projektionspfeil p bzw. dem Projektionszentrum O zugewandt. Der Riss in der Zeichenebene zeigt immer die Oberseite von π ; die Unterseite würde ein seitenverkehrtes Bild ergeben. Beim Betrachten eines Risses soll ein dreidimensionaler Eindruck des Objekts entstehen. Dazu wird der „Fleck der Bildpunkte“ durch Hervorheben markanter Linien (zB Kanten) strukturiert und die Sichtbarkeit durch unter- schiedliche Stricharten und allenfalls Farben deutlich gemacht ( Fig. 1.2, vorige Seite). Wenn man nur mit einem Auge auf ein Objekt schaut, entweder aus dem Projektionszentrum O oder (aus großer Entfernung) in Richtung des Projektionspfeils p, so decken sich das Objekt und sein Riss. Auf der Netzhaut ent- steht daher dasselbe Bild, ob man nun das Objekt oder seinen Riss betrachtet. Ein Riss vermittelt also dann den bestmöglichen Eindruck des Objekts, wenn man aus dem Projektionszentrum O bzw. in Richtung des Projektions- pfeils p auf die Bildebene π blickt. Betrachtet man den Riss aus einer anderen Position oder Richtung, so ist die Bildwirkung nicht optimal. In Fig. 1.3 siehst du zwei Parallelrisse eines Objekts. Das linke Bild wurde durch eine Normalprojektion erstellt, das rechte Bild durch eine Parallelprojektion, deren Projektionspfeil p flach auf der Bildebene π auftrifft. Da du „normal“ auf diese Buchseite blickst, wirkt das linke Bild natürlich, das rechte Bild jedoch unnatürlich verzerrt. Wenn du hingegen von rechts unten auf die Buchseite blickst, unter einem flachen Winkel, so wirkt plötzlich das rechte Bild ganz natürlich. Deine Blickrichtung entspricht jetzt ungefähr der Projektionsrichtung. In Kap. 2 erfährst du mehr über die bessere Bildwirkung von Normalrissen. Zeichenebene Zeichenebene Fig. 1.3 Fig 1.3 Die Parallelprojektion und die Zentralprojektion sind in gewisser Weise analog, haben aber doch sehr unter- schiedliche Eigenschaften, die erst im nächsten Abschnitt ausführlich erörtert werden. Kurz und bündig zeigt Fig. 1.4 aber schon hier die wesentlichen Unterschiede zwischen einem Parallelriss und einem Zentralriss anhand eines Hauses mit einem Satteldach. • Bei einem Parallelriss sind die Bilder paralleler Strecken immer parallel (links). • Bei einem Zentralriss sind die Bilder paralleler Strecken nur in Ausnahmefällen parallel; in der Regel laufen ihre Verlängerungen in einem Punkt zusam- men (rechts). Beachte auch, dass der Bildpunkt H p des Mittelpunktes H in der Mitte des Basiskantenbildes liegt, der Bildpunkt H c jedoch nicht. c H p H Fig 1.4 Wenn du „Bild“ hörst, denkst du wohl sofort an „Foto“. Fotos können als Zentralrisse aufgefasst werden. Vereinfacht kannst du dir das so vorstellen: Jeder Objektpunkt reflektiert Lichtstrahlen. Einer der reflektierten Lichtstrahlen geht durch eine winzige Öffnung im Objektiv des Fotoapparats und trifft auf die Sensorplatte. Die Öffnung ist das Projektionszentrum, die Sensorplatte ist die Bildebene. Das Foto ist eine maßstäbliche Kopie des Zentralrisses auf der Sensorplatte. Auf dem linken Foto in Fig. 1.5 ist das scheinbare Zusammenlaufen der Bilder von parallelen Kanten gut zu erkennen. Auf dem rechten Foto ist ein Schatten zu sehen. Er kann als Parallelriss des Fahrrads aufgefasst werden, da die Sonnenstrahlen (nahezu) parallel sind. Fig 1.5 1 Projektionen und Risse k L 22 6 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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