Raumgeometrie. Konstruieren und Visualisieren [Theoriebuch]

Zeichnen von Rissen 2 Bis jetzt haben wir nur Zentralrisse von „Quaderobjekten“ gezeichnet, die durch Halbieren oder Verdoppeln von Kanten erzeugt werden konnten. Zum Darstellen komplizierterer oder bemaßter Objekte wäre ein axonometri­ sches Verfahren (wie bei Parallelrissen) wünschenswert. Das Einmessen von Koordinaten lässt sich zwar prin­ zipiell auch hier durchführen, aber nur mit einem erheblich größeren Aufwand als bei Parallelrissen. Wir verfolgen diesen Weg nicht, sondern beschäftigen uns im Folgenden nur mit einer sehr einfachen Methode zum Herstellen von Zentralrissen mit einer waagrechten Blickachse. Durchschnittverfahren Der in  Fig. 2.39 zu sehende Holzschnitt stammt aus der von Albrecht Dürer verfassten „Underweysung der messung mit dem zirckel un richtscheyt in linien ebenen und gantzen corporen“ aus dem Jahr 1525. Er zeigt eine in der Renaissance entwickelte Idee zum Herstellen realistisch wirkender Bilder. Das Quadratraster in der durchsichtigen Bildebene hilft dem Künstler, die Bildpunkte auf sein Zeichen­ blatt (mit einem maßstäblich veränderten Quadrat­ raster) zu übertragen. Diese geniale Idee der Renaissancemaler lässt sich in einer Konstruktions­ zeichnung leicht umsetzen. Die daraus abgeleitete Methode wird als Durchschnittverfahren bezeichnet.  Fig 2.39 Beim Durchschnittverfahren zeichnet man zunächst das darzustellende Objekt in einem geeigneten Maßstab in Grund- und Aufriss ( Fig. 2.40). Der Zentralriss wird durch die lotrechte Bildebene π (im Grundriss projizierend) und den Augpunkt O festgelegt; die Blickachse OH ist also waagrecht. Die Distanz d (Abstand des Augpunktes O von der Bildebene π ) erscheint im Grundriss unverzerrt. Die Aughöhe a (Abstand des Augpunktes O von der waagrechten Basisebene π 1 ) erscheint im Aufriss unverzerrt. Die in der Bildebene π liegende und durch den Hauptpunkt H gehende waagrechte Gerade h nennt man den Horizont . Alle vor der Verschwindungsebene π v liegenden Punkte der Basisebene π 1 werden auf die unterhalb von h liegende Hälfte der Bildebene π abgebildet; der Horizont ist also auch die Randlinie für diese Bildpunkte. Konstruktion von Bildpunkten • Ermittle P c in Grund- und Aufriss, also zuerst P c ' und dann P c " . • Übertrage P c in die Zeichenebene mit Hilfe der „lokalen Koordinaten“ u und v, wobei u im Grundriss und v im Aufriss unverzerrt erscheinen. • Eine allenfalls gewünschte maßstäbliche Änderung bei der Übertragung dieser Koordinaten (Faktor p) bewirkt eine Vergrößerung oder Verkleinerung des Zentralrisses in der Zeichenebene. Die Einfachheit des Durchschnittverfahrens beruht auf der projizierenden Lage der Bildebene π . Bei einer Kipp­ ansicht wäre π nicht projizierend. Man könnte zwar analog vorgehen, allerdings nur mit einem beträchtlichen konstruktiven Mehraufwand. u v P c P H O h p d H c P h p·u p·v Zeichenebene a d | O || O || c P | c P u v || p 1 || P | P || h | H | p || H | p v  Fig 2.40 k Def  30 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des V rlags öbv

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