Raumgeometrie. Konstruieren und Visualisieren [Theoriebuch]

6.2 Anwendungen Kürzeste Wege Auf einer Kugel gibt es unendlich viele Wege, die von einem Punkt P zu einem Punkt Q führen. Fig. 6.51 zeigt drei Kreise a, b und k, auf denen man von P nach Q gehen kann. Der Kreis a mit dem Kugelmittelpunkt M als Mittelpunkt hat den größtmöglichen Radius und wird als Großkreis bezeichnet. Der Kreis b mit dem Halbierungs- punkt von PQ als Mittelpunkt hat den kleinstmöglichen Radius. Wenn du alle auf der Kugel durch P und Q gehenden Kreise um die Achse PQ in die Ebene von a drehst, so erkennst du, dass der kürzeste Kreisbogen zwischen P und Q auf dem Kreis mit dem größten Radius liegt, also auf dem Großkreis a. Es lässt sich zeigen, dass dieser Großkreisbogen nicht nur der kürzeste kreisförmige Weg ist, sondern auch der kürzeste aller auf der Kugel verlaufenden Wege zwischen P und Q. In   Fig. 6.52 ist die kürzeste Flugroute zwischen den Städten Heraklion (25,1° öL, 35,5° nB) und Tokyo (139,7° öL, 35,5° nB) zu sehen. Die Städte haben (fast) dieselbe nördliche Breite. Vergleicht man die Flugroute entlang des Breitenkreises mit der kürzesten Flugroute, so ergibt sich immerhin eine Differenz von 765 km. Der nördlichste Punkt H (82,4° öL, 52,9° nB) der kürzesten Flugroute liegt 17,4° nördlicher als Heraklion und Tokyo über West­ sibirien, ungefähr 300 km südlich von Novosibirsk. P Q M a b k b a k M r P Q Fig. 6.51  Fig 6.51 Fig. 6.52 H  Fig 6.52 Durch Addieren erhält man: 3F + F 1 + F 2 + F 3 = (O/360)·( a + b + g ) Wegen F + F 1 + F 2 + F 3 = O/2 ergibt sich nach einigen Umformungen: F = ( a + b + g –180)·(O/720) Die Winkelsumme im sphärischen Dreieck ist also größer als 180°. Der Flächeninhalt F ist proportional zum Winkelüberschuss a + b + g –180. M A B C C* A* B* F F 1 F 1 F 2 F 2 F 3 F 3 M A B C A* C* B* a F F 1  Fig 6.53 Def  Winkelsumme im Dreieck Ein sphärisches Dreieck ABC liegt auf einer Kugel. Seine Seiten sind Großkreisbögen (  Fig. 6.53). Verlängert man seine Seiten, so erhält man drei Großkreise, welche die Kugelfläche in acht sphärische Dreiecke zerlegen. Die Eckpunkte dieser acht Dreiecke sind die gegenüberliegenden Punkte A und A*, B und B* sowie C und C*. Gegenüberliegende Dreiecke (etwa AB*C und A*BC*) sind kongruent. Benachbarte Dreiecke (etwa ABC und A*BC) bilden ein Zweieck. Ein Zweieck wird von zwei Halbkreisen berandet, die zwei gegenüberliegende Punkte der Kugelfläche verbinden. Die Eckenwinkel a , b , g eines sphärischen Dreiecks werden von den Tangenten in den Eckpunkten eingeschlossen. In Fig. 6.53 (rechts) ist der Eckenwinkel a eingezeichnet. Da die Tangenten normal zum Durchmesser AA* sind, ist a auch der Drehwinkel für die Drehung, die den Halbkreis ABA* in den Halbkreis ACA* überführt. Die sphärischen Dreiecke ABC und A*BC haben die Flächeninhalte F und F 1 . Die Summe F + F 1 ist der Flächeninhalt des Zweiecks zwischen den Halbkreisen ABA* und ACA*. Bezeichnet man den Inhalt der Kugeloberfläche mit O, so ist F + F 1 = (O/360)· a . Begründe diese Formel in Analogie zur Flächenformel für den Kreissektor. Ebenso gelten die Formeln F + F 2 = (O/360)· b und F + F 3 = (O/360)· g . Def  Def  k 129 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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