Sprachräume, Deutsch für die AHS-Oberstufe, Maturatraining

SprAChrAuM 9 Liebe 76 Texte überarbeiten Lesen Sie zunächst den Text „Ausgestochen“ von Jagoda Marinić. Besprechen Sie gemeinsam in der Klasse: Welche Wirkung entsteht durch den Perspektivwechsel am Ende des Textes? Mit welchen sprachlichen Mitteln gelingt es der Erzählerin, eine Distanz zum Mann herzustellen? Entwerfen Sie eine Interpretationshypothese zum Text (vgl. Kap. 8) und formulieren Sie die These schriftlich. Interpretationshypothese: a b c 9.1 Lesen Sie den folgenden Anfang eines Interpretationsaufsatzes eines Schülers. Bearbeiten Sie anschließend gemeinsam mit Ihrer Sitznachbarin bzw. Ihrem Sitznachbarn die Teilaufgaben a–e. Arbeiten Sie dabei so, dass Sie zunächst unabhängig voneinander eine Teilaufgabe bearbeiten, sich gegenseitig die Arbeitsergebnisse vorstellen und sie dann gemeinsam so lange besprechen, bis Sie sich auf eine gemeinsame Antwort verständigt haben. Haben Sie alle Teilaufgaben bearbeitet, werden sie in der Klasse besprochen. 9.2 Ermitteln Sie, wo die Einleitung endet und der Hauptteil beginnt. Bewerten Sie die Überleitung zwischen den beiden Textteilen. Stellen Sie dar, auf welche inhaltlichen Aspekte in der Einleitung und zu Beginn des Hauptteils eingegangen wird. Bewerten Sie die Reihenfolge der Darstellung der Untersuchungsergebnisse. Überprüfen Sie in diesem Zusammenhang auch, ob die Ausführungen des Schülers inhaltlich korrekt sind (sich mit der Kurzgeschichte decken). a b Benennen Sie die Interpretationshypothese des Schülers. Überlegen Sie, auf welche weiteren Aspekte der Kurzgeschichte eingegangen werden müsste, um die Interpretationshypothese zu stützen. Der Schüler zitiert in diesem Ausschnitt mehrfach aus der Kurzgeschichte. Prüfen Sie, ob die Zitate jeweils korrekt sind. c d e Interpretation der Geschichte „Ausgestochen“ von Jagoda Marinić In ihrer 2001 erschienenen Kurzgeschichte „Ausgestochen“ schildert Jagoda Marinić die Begegnung zwischen einem Mann und einer von ihm bewunderten Frau. Das Thema der Geschichte ist die Differenz zwischen Fremd- und Selbstwahrnehmung, die zu einem – gerade auch erzähltechnisch – überraschenden Ende führt. Der Erzähltext steigt – typisch für Kurzgeschichten – unmittelbar in das Geschehen ein. Ein Mann und eine Frau sitzen in einem Café. Der Mann macht, wie sich erst am Textende herausstellt, der Ich-Erzählerin Komplimente, die die Erzählerin aber als bedrückend empfindet. Alles, was der Mann sagt, wirkt auf sie so, als spräche er über eine ihr unbekannte Frau, mit der sie „es ohnehin nicht aufnehmen kann“. Durch den letzten Satz wird dann deutlich, dass die angesprochene Person (also „ich“) mit „ihr“ identisch ist, d. h. der Mann sich die ganze Zeit an die Erzählerin selbst gewandt hat. Trotzdem sich dies erst ganz am Ende zeigt, erhellt sich auch von dort aus die Distanz der Erzählerin zum Mann bzw. zu dessen Redeinhalt: Sie sieht sich so wenig in den Äußerungen des Mannes, dass sie auf sich wie auf eine Person verweist. Neben den Personalpronomen tragen auch die Demonstrativpronomen zur Schaffung der Distanz bei (vgl. „diese Frau“, „Hymne an diese verdammte Person“). Schließlich verlässt die Ich-Erzählerin den Mann, d. h. lässt ihn alleine im Café zurück. Entlarvt wird in dem Text die Oberflächlichkeit vieler Komplimente, die zwar nett gemeint sein mögen, aber – zumindest in diesem Falle – nicht nur der Person nicht gerecht werden, sondern die Ich-Erzählerin auch überfordern, weil „diese Frau […] überhaupt nichts Menschliches an sich hat“. Weil die Ich-Erzählerin überfordert ist, finden sich auch eindrückliche sprachliche Bilder in der Kurzgeschichte, z. B.: „Mit jedem seiner Sätze schnürt er mir die Kehle zu.“ oder „Ich bin stark im Schwachsein, aber das interessiert ihn […] nicht im Geringsten.“ […] 2 4 6 8 10 12 14 16 18 Schriftliche Kompetenz Textkompetenz Interpretationskompetenz Sprachreflexion Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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