Sprachräume 3, Deutsch für die AHS-Oberstufe, Schulbuch

SPrACHrAuM 6  Interpretation epischer Texte – „Lebenspläne“ 80 Interpretation epischer Texte – „Lebenspläne“ Die Interpretation epischer Texte steht im Zentrum dieses Kapitels. Die Ergänzung durch andere Texte zum Thema gibt Ihnen Gelegenheit, verschiedene Schreibaufgaben auf dem Weg zur Matura zu erproben. rd29zv SPrACHrAuM 6 Walter Helmut Fritz: Augenblicke Kaum stand sie vor dem Spiegel im Badezimmer, um sich herzurichten, als ihre Mutter aus dem Zimmer ne- benan zu ihr hereinkam, unter dem Vorwand, sie wolle sich nur die Hände waschen. Also doch! Wie immer, fast wie immer. Elsas Mund krampfte sich zusammen. Ihre Finger spannten sich. Ihre Augen wurden schmal. Ruhig bleiben! Sie hatte darauf gewartet, dass ihre Mutter auch dieses Mal hereinkommen würde, voller Behutsamkeit, mit jener scheinbaren Zurückhaltung, die durch ihre Aufdringlichkeit die Nerven freilegt. Sie hatte – behext, entsetzt, gepeinigt – darauf gewartet, weil sie sich davor fürchtete. – Komm, ich mach dir Platz, sagte sie zu ihrer Mutter und lächelte ihr zu. – Nein, bleib nur hier, ich bin gleich soweit, antwortete die Mutter und lächelte. – Aber es ist doch so eng, sagte Elsa, und ging rasch hinaus, über den Flur, in ihr Zimmer. Sie behielt einige Augenblicke länger als nötig die Klinke in der Hand, wie um die Tür mit Gewalt zuzuhalten. Sie ging auf und ab, von der Tür zum Fenster, vom Fenster zur Tür. Vorsichtig öffnete ihre Mutter. Ich bin schon fertig, sagte sie. Elsa tat so, als ob ihr inzwischen etwas ande- res eingefallen wäre, und machte sich an ihrem Tisch zu schaffen. […] Wenig später allerdings verließ Elsa das Haus, ohne ihrer Mutter adieu zu sagen. Mit der 2 4 6 8 10 12 TEXt 1: Textkompetenz Schriftliche Kompetenz Die Kurzgeschichte Bis hin zur schriftlichen Reifeprüfung werden Sie epischen Texten nicht selten in Form von Kurzgeschichten begegnen. Deshalb hier ein „Kurzgeschichten-Special“: Die Kurzgeschichte ƒƒ setzt unvermittelt ein und führt mit dem ersten Satz in das Geschehen ƒƒ präsentiert oft an den Rand gedrängte Personen ƒƒ stellt einen Ausschnitt aus dem Leben der Personen dar ƒƒ beschäftigt sich mit dem Alltäglichen, das sich aber für die Personen oft als krisenhaft zeigt ƒƒ beschränkt sich auf unbedingt notwendige Andeutungen von Raum und Zeit ƒƒ zeigt einfache Sprache ƒƒ lässt die Konflikte und Probleme „im Raum stehen“ ƒƒ gibt das Nachdenken an die Leser/innen weiter ƒƒ ist oft eine „Situationsgeschichte“, in der die Handlung ganz zurücktritt. Häufige Situationen: Persönlichkeitskrisen, Enttäuschungen,Selbsterfahrungen, Versagen in bestimmten entscheidenden Momenten, krisenhafte Übergänge von einem Zustand in einen anderen (z. B. Erwachsenwerden). 14 16 18 20 22 24 26 Maturatextsorten: Textinterpretation , Zusammenfassung, Leserbrief Das Thema und die Texte Lebenspläne zu schmieden zwischen Jugend und Erwachsenwerden, das ist keine einfache Sache. Die folgenden Texte befassen sich mit vielen Aspekten dieses Entwerfens von Lebensplänen und mancher Hindernisse. Text 1 schildert, wie die Lebensvorstellungen von Jung und Alt aufeinanderprallen. Text 2, wie Text 1 eine Kurzgeschichte, stellt in einem Dialog zwischen einem Burschen und einem Mädchen die Frage, wie offen die Zukunft junger Leute ist. Text 3 gibt in Diagrammform Auskunft über Berufswahl und -erwartungen der Jugend. Apple-Gründer Steve Jobs fordert in Text 4 die Jugend zu aktiver Lebensgestaltung genauso auf wie Ernst Jandl in seinem Gedicht „My own song“ (Text 5). Text 6, eine Zeitungsglosse, wirft der Jugend vor, eine angepasste „Generation Valium“ zu sein. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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