Sprachräume 3, Deutsch für die AHS-Oberstufe, Schulbuch

zwISCHEnrAuM 2  Interpretieren ist spannend 78 Zu „Ungleichheit der Chancen“: ƒƒ Thema des Gedichts ist eine flüchtige Begegnung zwischen einer Frau und einem Mann an einer Ampel. ƒƒ Das Fehlen von Stilmitteln außer Wiederholungen (Strophe 1) und zwei Anaphern (Strophen 2 und 3) sowie die Alltagssprache hängen zusammen mit der Alltäglichkeit der Szene. ƒƒ Jede Strophe besteht aus einem langen Satz ohne Satzzeichen, was zu hoher Lesegeschwindigkeit führt und die Flüchtigkeit der Szene betont. ƒƒ Das lyrische Ich hat gerade eine gescheiterte Beziehung hinter sich. ƒƒ Das Du des Gedichtes ist eine alte Bekannte. ƒƒ Das Ich des Gedichtes ist sich seines vielleicht allzu indiskreten Blickes auf die Frau bewusst. ƒƒ Die ersten Verse der zweiten und dritten Strophe verweisen deutlich auf ein Ausweichen des Mannes vor einer möglichen Kontaktaufnahme. ƒƒ Das lyrische Ich versucht, Kapital aus dieser Begegnung zu schlagen. ƒƒ Die letzte Verszeile zeigt, dass das Ich sicher ist, die Frau wiederzufinden. ƒƒ Das Gedicht drückt vielleicht die Schwierigkeit aus, dass Mann und Frau sich auf gleicher Basis begegnen können. Diese Interpretation wird besonders durch den Titel bestärkt. ƒƒ Das Gedicht könnte man als modernes „Liebesgedicht“ bezeichnen. Zu „Lesebuchgeschichten“: ƒƒ Der Text lässt das materielle Elend der Nachkriegsjahre spüren. Not, Hunger, Ausweglosigkeit prägen den Alltag vieler Menschen dieser Zeit. ƒƒ Der Autor war selbst Zeuge dieses Geschehens. ƒƒ Der Verzicht auf ausgeschmückte Sprache und die kurzen Sätze lassen das Erzählte noch brutaler erscheinen. ƒƒ Der Autor beschränkt die Raum-, Zeit-, Personen- und Handlungsangaben auf die für sein Anliegen unbedingt notwendigen Informationen. ƒƒ Der Text hat einen offenen Schluss. ƒƒ Natürlich ist das Geschehen erfunden. ƒƒ Manche Kriege sind unvermeidbar. ƒƒ Der Text ist ein „Anti-Kriegs-Text“. ƒƒ Der Autor ergreift deutlich Partei. ƒƒ Der Richter wird den Täter freisprechen. ƒƒ Aus Borcherts Lebensdaten lässt sich ableiten, dass mit „Krieg“ der Zweite Weltkrieg gemeint ist. ƒƒ Das Rechtsempfinden hat durch den Krieg an Glaubwürdigkeit verloren, der Krieg hat alle Werte zerstört; der Soldat versteht nicht, dass Töten im Krieg legal, im Frieden jedoch Unrecht ist. Grenzen der Interpretation? Moderne Lyrik weigert sich oft, moralische, philosophische, weltanschauliche Botschaften zu vermitteln. Die Autorinnen und Autoren wollen nicht mehr ein „Gedicht über ...“ schreiben. Sie konstruieren ihr oft experimentelles Gedicht aus dem Material der Sprache, die nicht unbedingt mehr den traditionellen Sprach- und Satzbaumustern folgt. Ein Beispiel dafür ist die „Konkrete Poesie“. Sie beschränkt das Sprachmaterial auf kleine Elemente, wie Wörter, Buchstaben oder Laute, sowie auf kurze Aussagen, meist ohne Beachtung der Regeln von Satzbau und Grammatik. Zu den Formen der „Konkreten Poesie“ gehören zum Beispiel visuelle Gedichte, Lautgedichte – unter ihnen häufig Dialektgedichte – und die seriellen Gedichte, in denen Wörter, oft aus verschiedenen Sprachen, beliebig oft vertauscht und kombiniert werden und die meist zum lauten Lesen angelegt sind. Aber auch diese vielleicht zunächst als besonders schwierig erscheinenden Gedichte sind häufig deutbar, wie Ihnen die folgenden Beispiele zeigen können. Text 1 stammt von Ernst Jandl (1925–2000), Text 2 von Gerhard Rühm (*1930), Text 3 von Franz Mon (*1926), Text 4 von Eugen Gomringer (*1925). Bewerten Sie, ob die folgenden Deutungen aus dem Text belegbar oder nicht belegbar/willkürlich oder falsch sind. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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