Sprachräume 3, Deutsch für die AHS-Oberstufe, Schulbuch

73 Semestercheck (5. Semester) Hauptkompetenz und Teilkompetenz Textkompetenz: Textinhalt erfassen, Textsinn verstehen Methodisch-didaktische Hinweise Einzelarbeit Hilfsmittel keine Zeitbedarf 15 Minuten S 1 1. Lesen Sie den Artikel „rosa und hellblau“ von verena Friederike Hasel aus der zeitung „Die zEIT“ vom 28. Juli 2016. Kreuzen Sie an, welche Aussagen im Text vorkommen, und stellen Sie falsche Aussagen richtig. Verena Friederike Hasel: Rosa und hellblau DasThema lässt sie nichtmehr los. Seit Almut Schner- ring das Buch „Die Rosa-Hellblau-Falle“ über absur- des Gender-Marketing bei Kinderprodukten ge- schrieben hat, kann die dreifache Mutter kaummehr einen Katalog aufschlagen. Dann aber ist es wieder so weit: „Für echte Rennfahrer“ steht in blauen Lettern unter einem Bild von Kindermöbeln mit knalligem Automotiv. Ein zweites zeigt Möbel mit Minnie Maus und Schmetterlingen. Dazu in Rosa: „Für echte Mäu- schen“. Schnerring veröffentlicht die Fotos auf ihrem Blog, wo inzwischen eine erstaunliche Sammlung ent- standen ist. „Echt arm“, „manipulativ“ und „ekelhaft“ sei solche Werbung, kommentieren ihre Leser. Während sich Erwachsene vonGeschlechterklischees lösen, werden sie Kindern stärker denn je vermittelt. Als hätte es nie eine Debatte über Stereotype gegeben, verkaufen Unternehmen wie nie zuvor Rollenbilder aus der Zeit des großen Unterschieds. „Die Genderi- sierung hat bei Kinderprodukten aller Art stark zuge- nommen“, bestätigt Marion Halfmann, Professorin für Marketing an der Hochschule Rhein-Waal in Kle- ve. „Aus Unternehmenssicht ergibt das auch Sinn. Ein Produkt für alle bringt einfach nicht so viel Umsatz.“ Die Folge ist eine dichotomeWelt, die man bisher vor allem bei Spielwaren kannte: Da waren Puppen für Mädchen und Autos für Jungs. So erklärt sich ein Teil desWachstums der Spielzeugindustrie, die 2008 noch 2,3 Milliarden Euro umsetzte, 2015 aber schon 3 Mil- liarden. Inzwischen wird diese Zweiteilung auf viele andere Kinderprodukte übertragen. Kurz vor Schulbeginn ist es besonders schlimm: Für Schreibwarenhersteller ist das die umsatzstärkste Zeit im Jahr, 238 Euro wenden deutsche Eltern im Schnitt für die Ausstattung ihrer Erstklässler auf. Das Angebot ist riesig, die Auswahl bleibt klein. Den Malkittel von Herlitz gibt es entwe- der mit Rennfahrermotiv oder mit rosa Fee, den Turnbeutel von Sigikid mit Pirat (der ein Schwert hält) oder mit Prinzessin (die eine Bürste in der Hand hat). Die Firma Pritt bietet Klebstoffe für Jungs und Mädchen an. […] Selbst die Lebensmittelindustrie hat das Gendermar- keting für sich entdeckt. Kühne präsentierte schon 2014 zwei verschiedene Saure-Gurken-Gläser. Das „Gurken-Madl“ war „knackig-lieblich“, der „Gurken- Bub“ dagegen „knackig-kräftig“. Und die Smarties vonNestlé gibt es neuerdings auchmit wahlweise rosa oder blauen Schokolinsen. […] Auf die Verwendung solcher Stereotype angespro- chen, bleiben die Unternehmen vage. Smarties-Produzent Nestlé nennt seine rosafarbenen und blauen Schokolinsen eine „kreative Auseinander- setzung mit Farben“. Kühne sagt, die Bezeichnungen „knackig-lieblich“ und „knackig-kräftig“ hätten sich damals ausschließlich „auf die Würzung der Gurken und das zu erwartende Geschmackserlebnis“ bezo- gen. Andere Unternehmen weisen offen darauf hin, dass sie lediglich Kundenwünschen nachkämen. Die Firma Jako-o berichtet, dass sich ein Spielzeug-Trak- tor schlecht verkaufte, solange er mit einemMädchen beworben wurde. Als die Werbung geändert wurde und man stattdessen einen Jungen zeigte, stieg die Nachfrage. Ob dieses Beispiel nun die Existenz eines Traktor- Gens bei Jungen belegt oder nur die erfolgreiche Ge- hirnwäsche des Gendermarketings, bleibt offen. Der Druck jedenfalls ist gewaltig, und zwar auch bei Pro- dukten, die die Fantasie anregen sollten: So gibt es die Vicky-Bo-Malbücher, die sich an Kinder ab zwei Jah- ren richten, in zwei Ausführungen. DieMädchenma- len Motive wie Nagellack, Lippenstift und Ballett- schule aus, die Jungen kolorieren Betonmischer, Feu- erwehrschläuche und Burgen. […] Im Grundschulalter geht es weiter: Jungs rechnen in denMatheübungsheften von Pons Hubschrauberma- ße aus, während sich dieMädchenmit Blütenblättern beschäftigen. Auf dem im Klett Verlag erschienenen Buch „Geschichten für Jungs zum Lesenlernen“ sind einUfo und ein Polizist abgebildet. Auf dem fürMäd- chen ist eine rosa Prinzessin. Zu ihren Füßen liegt ein Mixer, ebenfalls inRosa. Es gebe nun einmalThemen, die Jungen undMädchen in einemunterschiedlichen Maße interessierten, sagt eine Verlagssprecherin von Klett dazu. „Wir versuchen, mit diesen Themen die Kinder zum Lesen zu ermuntern.“ Das klingt altruistischer, als es vermutlich ist. Denn geschlechtsspezifische Angebote fördern vor allem den Absatz von Produkten – zum Beispiel weil Ge- genstände in einer Familie nicht mehr so einfach von Kind zu Kind weitergegeben werden können. Jeden- falls dann nicht, wenn das eine ein Mädchen, das an- dere ein Junge ist. Also müssen Mama oder Papa et- was Neues kaufen. […] 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 92 Textkompetenz Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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