Sprachräume 3, Deutsch für die AHS-Oberstufe, Schulbuch

67 Textkompetenz Literarische Bildung Rückzug und Resignation contra Engagement und Kritik – Biedermeier und Vormärz DER GEPLATZTE TRAUM VON FREIHEIT UND MITBESTIMMUNG „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ hatte 1789 die Französische Revolution verkündet. Doch nach dem Staatsstreich Napoleons von 1799 hatten die Revolutionsideale weitgehend abdanken müssen. Napoleons siegreiche Kriege gegen Deutschland und Österreich machten Frankreich zur ersten Macht in Europa. Doch kritische Stimmen gegen Napoleon und seine Besatzungspolitik wurden bald laut. Die antifranzösische Stimmung mündete in die Befreiungskriege. In der „Völkerschlacht“ bei Leipzig 1813 wurde Napoleon schwer geschlagen. Der Wiener Kongress von 1815 ordnete Europa Texte bestimmten Themen zuordnen; zu diesen Themen selbst ein Gedicht verfassen Ordnen Sie diese drei Gedichte den oben angeführten „Zauberwörtern“ zu; Mehrfachzuordnungen sind möglich. Stellen Sie die oben fehlenden, hier nachgereichten Titel zum jeweiligen Gedicht: Mondnacht / Die eine Klage / Abendständchen. In welchem Gedicht vermischen sich die Wahrnehmungen, wie Sehen, Hören, Fühlen? Verfassen Sie Ihr romantisches oder auch „nichtromantisches“ Gedicht – gereimt oder ungereimt, in Strophen oder strophenlos – zu den „Zauberwortthemen“ Sehnsucht, Abschied, Traum, Natur, Abend/Nacht …! a b 5.8 Die angestrebte „Romantisierung“ der Welt, die Betonung von Emotion, Stimmungen, die Vermischung von Wahrnehmungen, die so genannte Synästhesie, ist am intensivsten in der „Wortmusik“ der Lyrik auszudrücken. Deshalb werden auch in epische Texte, wie Romane, Erzählungen, oft Gedichte und Lieder eingefügt. „Eine „neue“ literarische Gattung ist das Märchen, in dem Grenzüberschreitungen zwischen der Realität und „anderen Welten“ beherrschende Themen sind. Die „Kinder- und Hausmärchen“ der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm sind weltweit in über 500 Millionen Exemplaren verbreitet. Grenzüberschreitungen zeichnen auch die Werke der „Schwarzen Romantik“ aus, wie z. B. die Erzählungen von E. T. A. Hoffmann („Das Fräulein von Scuderi“, „Die Elixiere des Teufels“), in denen das Fantastische und oft auch Böse und Schreckliche in die „normale“ Welt eindringen. DIE „SALONS“ DER FRAUEN: ZENTREN DER ROMANTISCHEN LITERATUR Zentren der Diskussion um die romantische Literatur und deren Präsentation waren die von Frauen geführten „literarischen Salons“. Dichter und Philosophen trafen einander in den Häusern von Caroline Schlegel-Schelling in Jena oder Rahel Varnagen van Ense und Henriette Herz in Berlin, wo sich ein aufgeklärtes Bürgertum entwickelt hatte und erste Anzeichen einer Frauenemanzipation sichtbar wurden. Nicht selten waren die Frauen politisch-gesellschaftlich aktiver als die Männer. Für Bettina von Arnim zum Beispiel soll die „Romantisierung“ der Welt nicht nur eine gedichtete, sondern eine reale, gesellschaftliche Harmonie zwischen den Menschen herstellen. So sind auch sozialkritische Anliegen die Hauptthemen ihrer Werke, wie im „Armenbuch“, das Fakten über die elenden sozialen Verhältnisse vor allem der Weber sammelt. 1847 wurde sie deshalb zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt, die höchste Strafe, die eine Adelige in diesem Zusammenhang erhalten konnte. Die Romantik 1795−1835 ƒƒ Gefühl, Fantasie, Natur, Liebe, Sehnsucht, Emotionalität, Entgrenzung sollen als „Zauberwörter“ die Vernunftbetontheit und das Maßhalten der Klassik überwinden. Die Welt soll durch die Dichtung „romantisiert“ werden. ƒƒ Diese „Romantisierung“ lässt sich besonders gut in der Lyrik mit ihren Klängen, Chiffren und Bildern verwirklichen. Auch in epische Texte werden deshalb vielfach Gedichte und Lieder eingestreut. ƒƒ Neu sind die Wertschätzung des Mittelalters und der „Volksdichtung“: Volkslieder, Sagen, Märchen werden gesammelt; die bedeutendste Liedsammlung ist „Des Knaben Wunderhorn“ von Achim von Arnim (1771−1831) und Clemens Brentano (1778−1842). Die wichtigste Sammlung an „Volksmärchen“ gestalten die Brüder Jacob (1785−1831) und Wilhelm Grimm (1786−1859), die auch das „Deutsche Wörterbuch“ beginnen. ƒƒ Eine große Rolle für die Vermittlung der romantischen Literatur spielen die von Frauen wie Caroline Schlegel- Schelling (1763−180) oder Rahel Varnhagen van Ense (1771−1833) gehaltenen literarischen Salons. Für Bettina von Arnim (1785−1859) darf „Romantisierung“ nicht bei der Literatur stehenbleiben. Eine reale Harmonie unter den Menschen auf der Basis von Gerechtigkeit soll hergestellt werden. ƒƒ In der späteren Romantik werden, wie bei E. T. A. Hoffmann (1776−1822), auch die „Nachtseiten“ der Existenz, das Böse, Erschreckende, zum literarischen Thema. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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