Sprachräume 3, Deutsch für die AHS-Oberstufe, Schulbuch

63 In diese Frist von drei Tagen packt Schiller eine geradezu filmreife Aktionsdichte. Die Heirat der Schwester ist geregelt, die Rückreise kann beginnen. Doch Sintflutregen, Überschwemmung, Brückeneinsturz, Raubüberfall, Sonnenglut und Durstdelirien stellen sich Damon entgegen. Aber er gibt nicht auf, der Gedanke an den Freund treibt ihn an. Der dritte Tag ist da. Hier die letzten drei von insgesamt 20 Strophen: Textkompetenz Literarische Bildung Mediale Bildung Die „Intensität“ von Texten erfassen Geben Sie das Geschehen der ersten drei Strophen in kurzen Hauptsätzen wieder! Sie erleben so die dichte Gestaltung der Ballade, die eine Literaturwissenschafterin zur Frage veranlasste: „Ist je in einer einzigen Balladenstrophe so viel passiert wie in den ersten sieben Zeilen der ‚Bürgschaft‘“ ? 5.2 Und die Sonne geht unter, da steht er am Tor Und sieht das Kreuz schon erhöhet, Das die Menge gaffend umstehet, An dem Seile schon zieht man den Freund empor, Da zertrennt er gewaltig den dichten Chor: „Mich, Henker!“ ruft er, „erwürget! Da bin ich, für den er gebürget!“ Und Erstaunen ergreifet das Volk umher, In den Armen liegen sich beide Und weinen für Schmerzen und Freude. Da sieht man kein Auge tränenleer, Und zum Könige bringt man die Wundermär, Der fühlt ein menschliches Rühren, Läßt schnell vor den Thron sie führen. Und blicket sie lange verwundert an. Drauf spricht er: „Es ist euch gelungen, Ihr habt das Herz mir bezwungen, Und die Treue, sie ist doch kein leerer Wahn, So nehmet auch mich zum Genossen an, Ich sei, gewährt mir die Bitte, In eurem Bunde der Dritte.“ 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 Den Zusammenhang zwischen Texten formulieren Was bewirkt das Verhalten Damons? Mit welchen Adjektiven könnte man sein Verhalten beschreiben? Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Handlung in der „Bürgschaft“ und Schillers Forderungen einerseits an Literatur und Kunst und andererseits an die Menschen? 5.3 Sich Informationen zu Texten beschaffen Auch Schillers letztes vollendetes Drama „Wilhelm Tell“ handelt von Unterdrückung, Recht und Unrecht und einem nahezu unblutigen Übergang von einer diktatorischen zu einer gerechten Ordnung. In Goethes frühem Drama „Iphigenie auf Tauris“ wiederum geht es, unter diesem Aspekt vergleichbar mit der „Bürgschaft“, um die Wandlung eines Mächtigen zu Toleranz und Humanität. Holen Sie zu diesen Werken Informationen ein, präsentieren Sie diese mündlich in der Klasse. 5.4 60 JAHRE ARBEIT AN EINEM WERK: JOHANN WOLFGANG VON GOETHE: „FAUST“ Geradezu sein Leben lang wird sich Goethe mit der Figur des Dr. Faustus beschäftigen. 1772 verfasst er den „Urfaust“, 1806 beendet er „Faust. Eine Tragödie“. 1832 erscheint „Faust. Der Tragödie zweiter Teil“. Fausts hier in der „Urfaust“- Fassung wiedergegebener nächtlicher Monolog in einem „hochgewölbten, engen gotischen Zimmer“, zeigt Fausts Persönlichkeit und Bemühen: Faust unruhig auf seinem Sessel am Pult: Hab nun, ach, die Philosophei, Medizin und Juristerei, Und leider auch Theologie Durchaus studiert, mit heißer Müh. Da steh ich nun, ich armer Tor Und bin so klug als wie zuvor. […] Dafür ist mir auch alle Freud entrissen, Bild mir nicht ein, was Rechts zu wissen, Bild mir nicht ein, ich könnt was lehren, Die Menschen zu bessern und zu bekehren; Auch hab ich weder Gut noch Geld, Noch Ehr und Herrlichkeit der Welt. Es möcht kein Hund so länger leben! Drum hab ich mich der Magie ergeben, […] Dass ich erkenne, was die Welt Im Innersten zusammenhält. 2 4 6 8 10 12 14 16 18 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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