Sprachräume 3, Deutsch für die AHS-Oberstufe, Schulbuch

SPrACHrAuM 5  Dichten von der Klassik bis zum Vormärz 62 Dichten von der Klassik bis zum Vormärz Durch mehr als 150 „literarische“ Jahre – von 1786 bis in die 50er-Jahre des 19. Jahrhunderts – führt Sie dieser Sprachraum: Er beginnt mit der Klassik, stellt Ihnen die Romantik vor und schließt mit Biedermeier und Vormärz. m238e6 Sprachraum 5 SO ALSO SOLL DER MENSCH HANDELN: FRIEDRICH SCHILLER: „DIE BÜRGSCHAFT“ Textkompetenz Literarische Bildung Die Intention von Texten erfassen Fassen Sie mündlich zusammen, welche Aufgabe Schiller der Kunst zuteilt. Recherchieren Sie „Eckdaten“ zur Französischen Revolution, insbesondere zu Ereignissen, welche Schillers Meinung von der „Entfesselung roher gesetzloser Triebe“ bestätigen können. 5.1 Zu Dionys, dem Tyrannen, schlich Damon, den Dolch im Gewande; Ihn schlugen die Häscher in Bande. „Was wolltest du mit dem Dolche, sprich!“ Entgegnet ihm finster der Wüterich. „Die Stadt vom Tyrannen befreien!“ „Das sollst du am Kreuze bereuen.“ „Ich bin“, spricht jener, „zu sterben bereit Und bitte nicht um mein Leben, Doch willst du Gnade mir geben, Ich flehe dich um drei Tage Zeit, Bis ich die Schwester dem Gatten gefreit 1 , Ich lasse den Freund dir als Bürgen, Ihn magst du, entrinn ich, erwürgen.“ Da lächelt der König mit arger List Und spricht nach kurzem Bedenken: „Drei Tage will ich dir schenken. Doch wisse! Wenn sie verstrichen, die Frist, Eh du zurück mir gegeben bist, So muss er statt deiner erblassen, Doch dir ist die Strafe erlassen.“ 2 4 6 8 10 16 18 20 12 14 1 Freien: verheiraten. Die Vorbereitung der Hochzeit der Schwester war in der Antike eine wichtige Aufgabe; die Ehe gab den Frauen soziale Sicherheit. Textsorte: Empfehlung „Das Gute, Wahre und Schöne“ – die Klassik NICHT REVOLUTION, SONDERN HARMONIE UND SCHÖNHEIT DURCH LITERATUR UND KUNST In ihren frühen Jahren waren Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller, die beiden „Großen“ der Klassik, engagierte Vertreter des „Sturm und Drang“. Sie feierten den Aufstand des Gefühls gegen den Verstand und der Freiheit gegen die politische Tyrannei, so wie etwa Goethe in seinem gegen die Götter rebellierenden Gedicht „Prometheus“ oder Schiller in seinem Drama „Die Räuber“. Doch im Lauf der Zeit wandten sie sich zunehmend von den Ideen der Rebellion ab. Zu dieser Abkehr trug insbesondere ihre Wahrnehmung der 1789 beginnenden Französischen Revolution bei, in der, laut Schiller, „rohe gesetzlose Triebe […] sich entfesseln und mit unlenksamer Wut zu ihrer tierischen Befriedigung eilen“ . Diese „Triebe“ können aber gezähmt werden, da der Mensch eine Sehnsucht nach dem „Schönen“ hat. Um dieses Schöne zu erfahren, müssen wir, wie Schiller in seinen „Briefen zur ästhetischen Erziehung des Menschen“ schreibt, „das Ganze unserer sinnlichen und geistigen Kräfte in möglichster Harmonie ausbilden“ . Die Kunst hilft uns, zu solchen „reinen, idealischen Wesen“ zu werden. Goethe definiert in seinem Gedicht „Das Göttliche“ die Forderungen an ein solches Wesen: „Edel sei der Mensch, / hilfreich und gut! / Denn das allein / Unterscheidet ihn / Von allen Wesen, / die wir kennen.“ Solche Menschen brauchen kein gewaltsames, revolutionäres Auftreten. Sie streben nach „edle[r] Einfalt“ und „stille[r] Größe“ , welche man vor allem in der griechisch-römischen Antike und ihrer Kunst verwirklicht sieht. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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