Sprachräume 3, Deutsch für die AHS-Oberstufe, Schulbuch

183 ZWEI BEDEUTENDE ROMANE Unter den von Angehörigen der sprachlichen Minderheiten Österreichs verfassten epischen Werken ragen zwei Romane hervor: der von Peter Handke und Helga Mračnikar aus dem Slowenischen übersetzte Roman „Der Zögling Tjaž“ von Florjan Lipuš und der auf Deutsch geschriebene Roman „Engel des Vergessens“ von Maja Haderlap. Florjan Lipuš: „Der Zögling Tjaž“ (1972; auf Deutsch erschienen 1981; neu aufgelegt 2016) Der Roman des 1937 in Lobnig/Lobnik, einem Ortsteil von Eisenkappel-Vellach/Železna Kapla-Bela geborenen Autors bringt die Geschichte des Schülers Tjaž, der in ein kirchliches Internat gesteckt wird, dessen Ordnung „unerbittlich tierische Unterwerfung gefordert hat. Tjaž hat sie leidlich beherrscht, hatte er doch zu Hause ihre Grundregeln mitgekriegt; die Knotenrute des Vaters hatte ihn damit bekanntgemacht, hatte ihm auf eine sehr nachdrückliche Weise die ersten Gesetze des Kadavergehorsams ins nackte Fleisch eingeprägt. Wahrscheinlich hätte es ein gutes Wort auch getan, aber der Vater hatte selber solche nie zu Ohren bekommen. […] Trotzdem kam der Gehorsam dem Buben nur schwer zu Bewusstsein, ins Blut ist er ihm nie gegangen.“ Seine Art, sich gegen diese „tierische Unterwerfung“ zu wehren, besteht in der „Gabe“, auch „fernwirkend“ mit seinen Fingernägeln Gegenstände zu zerkratzen, die Heiligenfiguren in der Kirche, Fensterscheiben, Glühbirnen. Tjaž wird der Schule verwiesen und stürzt sich am ersten Tag der „Freiheit“ vom Dach eines Hochhauses. Man begräbt ihn, auch wenn der Sarg nicht ins Grab passt: „Hauptsache […], der Tjaž ist beerdigt, den Leuten war es leichter, sie hatten ihren Frieden und ihre Genugtuung gefunden und sich zerstreut […] . Maja Haderlap: „Engel des Vergessens“ (2011) Während der Zeit des Nationalsozialismus wurden viele Slowenen zwangsweise umgesiedelt oder in den Konzentrationslagern ermordet. Auch die Mutter von Florjan Lipuš wurde ein „Brandopfer des Dritten Reiches“ . Das Schicksal der Kärntner Slowenen unter der NS-Diktatur ist auch das Thema des Romans der aus Eisenkappel stammenden Maja Haderlap (*1961). Die Großmutter der Erzählerin wurde ins KZ Ravensbrück verschleppt, aus dem sie nach Kriegsende wieder heimkehren konnte, das sie jedoch für ihr Leben prägte. Der Großvater ist Teil der gegen die NS-Herrschaft kämpfenden Partisanen. Der Vater ist kaum zwölf Jahre alt, als er von Polizisten gefoltert wird und sich wie viele Männer der Umgebung in den Wäldern versteckt. Immer wieder kehrt die Autorin in ihren Erinnerungen zur Großmutter zurück und schildert so auch ihre Kindheit in der traditionellen slowenischen Dorfkultur: Lassen Sie sich die slowenische bzw. burgenlandkroatische Fassung nach Möglichkeit von Mitschüler/ Mitschülerinnen vorlesen, welche die Originalsprache beherrschen, und widmen Sie sich einem oder mehreren der folgenden Arbeitsvorschläge. Arbeitsvorschlag eins: Ordnen Sie den drei Gedichten folgende Begriffe zu: Naturnähe; Spannung zwischen Freude und Wehmut; genaue Beobachtungen; Witz/Satire. Arbeitsvorschlag zwei: Ersuchen Sie innerhalb oder außerhalb der Klasse Schüler/Schülerinnen oder Erwachsene nicht deutscher Muttersprache, eines der Gedichte in ihre Muttersprache zu übertragen und vorzutragen. Arbeitsvorschlag drei: Übersetzen Sie den Text in Gruppenarbeit mit Hilfe Ihres Fremdsprachenlehrers/Ihrer Fremdsprachenlehrerin in eine von Ihnen gelernte Fremdsprache. Sollten Sie den Text ins Englische oder Italienische übertragen, so können Sie Ihre Übersetzung von „Der Schmetterling“ und „Die Augen“ mit einer „Profiübertragung“ vergleichen. Arbeitsvorschlag vier: Dichten Sie Ihr persönliches „Schmetterlings-, „Vogel-“ oder „Augen-/Kaffeehausgedicht“. Behalten Sie auch den ‚unaufgeregten’ Stil von Januš und Schoretits bei! Sinica prem tebi suprotivnoga prorokuju javljaš se dan za danom kod obloka mojega i pjevaš optimistu na veselje jačku ufanja … Meise Allen Prophezeiungen zum Trotz erscheinst du Tag für Tag an meinem Fenster und singst zur Freude des Optimisten das Lied der Hoffnung … 2 4 6 8 2 4 6 8 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum d s Verlags öbv

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