Sprachräume 3, Deutsch für die AHS-Oberstufe, Schulbuch

zwISCHEnrAuM 4  Neue Texte – nicht nur auf Deutsch 182 Neue Texte – nicht nur auf Deutsch Österreichs Literatur ist vielsprachig. Die sprachlichen Minderheiten des Landes formen sie ebenso mit wie Migranten und Migrantinnen aus vielen Erdteilen. vf947n zwischenraum 4 Aus dem Schreiben der österreichischen Minderheiten Österreicherinnen und Österreicher schreiben nicht nur auf Deutsch, sie schreiben auch auf Slowenisch, Kroatisch, Tschechisch, Ungarisch, Slowakisch, Windisch. Sie dichten auch in Romanes, der Sprache der Roma, und in Jenisch, der Sprache der Nachkommen von ins Abseits gedrängten fahrenden Händlern, Scherenschleifern, Kesselflickern, ausgesetzt der Missachtung der Sesshaften. Einige Beispiele sollen Ihnen einen kleinen Einblick in die Dichtung der österreichischen Minderheiten geben. GUSTAV JANUŠ: GEDICHTE AUS: „METULJ – DER SCHMETTERLING – LA FARFALLA – THE BUTTERFLY“ Der 1939 im südkärntnerischen Zell-Pfarre/Sele geborene Gustav Januš gehört zu den ersten Autoren, die der Literatur der sprachlichen Minderheiten, insbesondere der slowenischsprachigen Literatur, in Österreich und darüber hinaus Aufmerksamkeit verschafften. Eine Besonderheit ist der oben zitierte Band, aus dem die folgenden Gedichte stammen, insofern, als die vom ebenfalls kärntnerslowenischen Autor Fabjan Hafner ins Deutsche übertragenen Gedichte auch ins Italienische und Englische übersetzt sind. EIN GEDICHT VON ANA SCHORETITS Die Autorin, geboren 1952 in 1952 in Zagersdorf/Cogrštof, repräsentiert, wie etwa auch Jurica Csenar oder Fred Hergovich, die burgenlandkroatische Literatur. Metulj Policaj je aretiral metulja, ki se je pomotoma usedel na njegov moped. kvklenil gaje in ga odpeljal na kommissariat, da bi zapisal o njem najvažnejše podatke. Ko ga je izpraševal, zakaj se je usedel na njegov moped in ali ne ve, da je to kaznivo ter da bo kaznovan po paragrafu, se je metulj obrnil proti soncu in odeletel skozi okno, ne da bi se poslovil od policaja, ki najbrž ne ljubi sonca tako, kot ga ljubi on. Die Augen Gestern war ich in der Stadt und auch im Kaffeehaus. Alle Leute mit braunen, grauen und schwarzen Augen lasen. Nur das Mädchen mit den blauen Augen las nicht. Mehrmals trafen sich unsere Blicke und in ihren Augen erlebte ich die Sehnsucht der Frühlingsblüten nach der Sonne, die Zartheit und das Lied der ersten Liebe, den Frohsinn des plätschernden Bächleins und der verspielten Falter im Sommer, auch die Trauer des Herbstwinds auf der sterbenden Flur. Als sie fortging, war ich traurig, denn sie nahm viel Leben mit sich. Der Schmetterling Der Polizist nahm den Schmetterling fest, der sich irrtümlich auf sein Moped gesetzt hatte. Er legte ihm Handschellen an und führte ihn auf die Wachstube, um seine wichtigsten Daten aufzunehmen. Als er ihn befragte, warum er sich denn auf sein Moped gesetzt habe und ob er nicht wisse, dass solches strafbar sei und er laut Paragraph soundso belangt werden könne, wandte sich der Schmetterling der Sonne zu, flog aus dem Fenster, ohne sich vom Polizisten zu verabschieden, der die Sonne wohl nicht so liebt wie er. 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 Nur zu P üfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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