Sprachräume 3, Deutsch für die AHS-Oberstufe, Schulbuch

SPrACHrAuM 14  Die Sprache der Gegenwart 174 Sprachwandel Gesellschaftliche, kulturelle, politische Veränderungen verändern auch die Sprache. Dies kann zum Beispiel die Häufigkeit der Verwendung von Wörtern beeinflussen. So zeigt sich zum Beispiel der Abbau/Verlust von gesellschaftlichen Distanzen im täglichen Leben in einer häufigeren und schnelleren Verwendung des Pronomens „Du“ als Anredeform. Wörter können aber auch eine Bedeutungsveränderung erfahren. Ihre Bedeutung kann erweitert werden („Herr“ war ursprünglich nur der Vornehme, Adelige), metaphorisch gebraucht werden („erfahren“ bezeichnete ursprünglich die konkrete Bewegung des Reisens) oder verengt werden („Gewehr“ war zunächst jede Waffe, mit der man sich eben wehren konnte). Auch metonymische Bedeutungserweiterung, bei der ein Teil für die Bezeichnung des Ganzen verwendet wird, ist möglich: „Bank“ bedeutete ursprünglich nur das Holzmöbel, auf dem Geld gewechselt wurde, später das Gebäude und die entsprechende Institution. Besonders die Medien tragen heute zur Bedeutungsveränderung und -erweiterung von Wörtern bei. Sprachreflexion Textkompetenz Mediale Bildung Neue Medien und neue Probleme mit der Sprache Die Neuen Medien bieten eine bisher ungeahnte Möglichkeit zur freien Meinungsäußerung, einem grundlegenden Gut der Demokratie. In Postings, Blogs oder Chats geschieht dies in anonymer Form, „verborgen“ hinter dem Nicknamen, in Social Networks wie Facebook meistens mit der Angabe der echten Identität der User/innen. Freilich verleitet die Anonymität etwa in Postingforums immer wieder Teilnehmer/innen zu Äußerungen, von denen sie in nichtelektronischen Kommunikationsformen Abstand nehmen würden: Drohungen, Pöbeleien, Einschüchterungen, rassistische und gesetzesbrecherische Formulierungen. Es ist nicht verwunderlich, dass versucht wird, diese Verrohung öffentlich gemachter Sprache vor allem bei Postings einzudämmen. Zwei Wege stehen dabei offen: eine Kontrolle der Postings vor deren Veröffentlichung und die Diskussion darüber, ob man die Poster/innen verpflichten sollte, mit ihrem wirklichen Namen, dem „Klarnamen“, zu posten. WIE POSTINGS „KONTROLLIERT“ WERDEN Alle Medien, die Postings veröffentlichen, fordern dazu auf, bestimmte Spielregeln einzuhalten. Werden diese verletzt, so steigt die „Chance“, dass das Posting begründeterweise nicht im Forum veröffentlicht wird. Der folgende Text zeigt Ihnen beispielhaft, welche Richtlinien bestehen, wie die „Aussortierung“ problematischer Postings bei der Tageszeitung „Der Standard“ vor sich geht und welche Regeln einzuhalten sind: Der erste Schritt zur Aussortierung von Problempostings Der und die Standard.at, die wohl wichtigste Internet- Plattform Österreichs, befinden sich in einem ausge- bauten Dachgeschoß mitten in der Wiener Innenstadt, wo 80 Leute neben der redaktionellen Arbeit auch noch den täglichen Sermon der Leser, man sagt User, prüfen müssen. Da diese Arbeit nicht zu leisten ist, hilft ein eigens entwickelter „Foromat“, ein Prüfpro- gramm, das unverdächtige Postings (70 Prozent) freischaltet und den Rest, dessen Inhalt möglicherwei- se beleidigend, obszön oder sonst wie nicht zu tolerie- ren ist, an die Redaktion leitet, die dann entsprechend der Forums-Richtlinien entscheidet, freischaltet oder löscht. Postings, die Wörter wie Vollkoffer, beschissen, blöd, entjungfert oder geil, Abschaum, Hitler, Gut- mensch oder Sitzpinkler enthalten, lässt der Foromat nicht durch. Einen Zensor aber gibt es nicht, nur den jeweiligen Redakteur, der je nach Tagesform entschei- det, ob ein vom Foromat als bedenklich ausgewiesenes Posting nun erscheinen darf, was bei dieser Fülle alles andere denn einfach ist. 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 Die Forenregeln im „Standard“ 1. Die Verantwortung für den Inhalt Ihrer Beiträge liegt bei Ihnen. Die allgemeinen Gesetze und Rechtsvorschriften sind einzuhalten. […] 2. Persönliche Angriffe anderer Personen durch Beschimpfungen, Drohungen und Beleidigungen, sowie ruf- oder geschäftsschädigende Äußerungen werden nicht akzeptiert. […] 3. Diskriminierende und diffamierende Beiträge werden nicht toleriert. Insbesondere verboten sind rassistische, sexistische, antisemitische, eine Religion oder sexuelle Identität herabwürdigende sowie sonstige (kulturelle, nationale …) Gruppen pauschal verurteilende Postings. Ebenfalls nicht akzeptiert werden die Verbreitung von Inhalten, die gegen Teile der Bevölkerung hetzen oder zur Gewalt aufrufen, sowie menschenverachtende oder gegen die guten Sitten verstoßende Beiträge. Das umfasst auch Inhalte, die über von den UserInnen gesetzte Links zu erreichen sind. 4. Schimpfwörter, Fäkalsprache, rohe, doppeldeutige oder obszöne Sprache erschweren eine sachliche Diskussion und sind daher nicht zugelassen. Nicht toleriert werden auch Inhalte, die für Minderjährige ungeeignet oder anstößig sind oder dafür gehalten werden können. 2 4 6 8 10 12 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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