Sprachräume 3, Deutsch für die AHS-Oberstufe, Schulbuch

SPrACHrAuM 11  Medienbilder 144 Deutungsmöglichkeiten von medialen Produkten analysieren Fassen Sie mündlich die beiden Möglichkeiten der Deutung der „Teufelsfratze“ zusammen und beschreiben Sie die unterschiedlichen Intentionen, die hinter der jeweiligen Deutung stehen. Erklären Sie, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme von Nachschlagequellen, den historischen Hintergrund und die Auswirkungen der beiden im Text genannten weiteren Terrorakte. a b 11.3 Katastrophenbilder und ihre „Faszination“ Gibt es einen Unfall auf der Autobahn, bilden sich auf der Gegenfahrbahn nicht selten Staus von Voyeuren, die das Unglück begaffen. Gibt es Überschwemmungskatastro- phen, sind zahlreiche Kamerateams und Reporter vor Ort und liefern „authentische Bilder“. Wer nicht reisen kann, der sieht zumindest, meist fasziniert, die Bilder von Katastrophen im TV. Der antike römische Schriftsteller Lukrez beschrieb zum ersten Mal den „Genuss“, vom sicheren Ufer aus den Überlebenskampf von Menschen auf dem vom Sturm gepeitschten Meer zu betrachten. Lukrez analysiert diese wenig sympathische menschliche Eigenschaft als „Freude, selbst verschont geblieben zu sein“ . Der Kulturwissenschaftler Wolfgang Müller-Funk beschreibt diese Deutungsmöglichkeiten so: Textkompetenz Mündliche Kompetenz Mediale Bildung In westlich-amerikanischer Version könnte die Bedeu- tung des Bildes so verstanden werden: Böse Widersa- cher [versuchen] ein letztes Mal sich [...] aufzubäumen. Der Endkampf, der „Krieg gegen den Terror“, gegen die „evil doers“ ist eine conditio sine qua non, eine un- verzichtbare Voraussetzung für das dramatische end- zeitliche Geschehen. Insofern wird das schmerzhafte, bedrohliche und erniedrigende Ereignis in einen um- fassenderen [...] Komplex eingebettet und dadurch zu einer Geschichte, die anspornt und ermuntert. [...] Das Teuflische kann aber auch ganz anders begriffen werden, [nämlich] als das Böse, das dem ruchlosen Pa- last des westlichen Kapitalismus entweicht. In diesem Sinn ist US-Amerika das Übel schlechthin, eine gottlo- se Macht, die sich nicht an Gottes Gebote hält und ei- nem Lebensstil frönt, der skandalös und unsittlich ist: Alkohol, Sex, Homosexualität, Drogen, Feminismus sind jene Phänomene, die den Hass des Fundamenta- listen entfachen. Es ist der Hass auf die liberale Welt, der mit dem Neid des Zukurz-Gekommenen gekop- pelt ist: dass er nicht über die Macht und den Reich- tum verfügt, den das World Trade Center mythisch verkörpert. [...] Aus der Sicht der Täter und ihrer An- hänger ist Amerika die Macht, die die arabische Welt durch ihre Politik demütigt [...] und die versucht, der ganzen Welt ihre Ökonomie und ihren Lebensstil auf- zuzwingen. Angesichts dieser schreienden Ungerech- tigkeit [...] ist jede Art von Gegenwehr legitim, ist die Gewaltanwendung nur allzu berechtigt, ja sogar eine heroische Pflicht. Mit einer ähnlichen Logik operieren nationalistische Terroristen (wie die Mörder Kaiserin Elisabeths und der Attentäter von Sarajewo). Nur wenn der Teufel ins Spiel kommt, ist eine völlige mora- lische Entlastung der eigenen Gewalttätigkeit möglich. Der Teufel muss an die Wand gemalt werden, um die eigenen Massen zu mobilisieren. [...] Im Kampf gegen den Teufel ist alles erlaubt. 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 Die Bilder der Medien stellen niemals objektiv die welt dar : Von jedem Sachverhalt, jeder „Wirklichkeit“ kann schon ein Privatfotograf verschiedene Bilder machen. In viel höherem Maß noch verfügen die Medien über Möglichkeiten, „Wirklichkeit“ mit bestimmten Perspektiven und Absichten bildlich darzustellen oder auch zu manipulieren. Häufige Methoden dazu sind Retuschierungen , Montagen und Kontextualisierungen von Bildern in einem anderen Textzusammenhang als dem ursprünglichen. Auch die Betrachter/Betrachterinnen geben den Bildern ihre subjektive, persönliche Interpretation und sehen je nach ihrem persönlichen Kontext (Weltanschauung, Religion, soziales Milieu) das, was sie sehen wollen. Absichtliche Manipulationen, die als solche leicht erkennbar sind und als Meme im Internet verbreitet werden, dienen dazu, eine Situation/ein Geschehen kritisch auf die Spitze zu treiben. Quelle: https://www.bmb.gv.at/schulen/service/mes/00122P_Mediengeschichten_11096.pdf?61ebua; abgerufen 19.09.2017 Nur zu Prüfzwecken – Eig ntum des Verlags öbv

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