Sprachräume 3, Deutsch für die AHS-Oberstufe, Schulbuch

143 Mediale Bildung in die Mitte und nicht auf Seite A oder Seite B. Aber HIER (im Forum!) wird teilweise so getan, als wäre aufgrund dieses Zwischenfalls auch bei unserer Polizei die Schuld zu suchen. […] 4. Stimme Ihnen da voll und ganz zu. Stellen Sie sich vor, Sie sind ein Polizist in Wien und sind grad auf Streife unterwegs. 
Sie selbst stehen für Gesetzmäßigkeit und Hilfsbereitschaft. Mit diesen Grundprinzipien gehen Sie an Ihre Arbeit heran. Plötzlich werden Sie ohne Grund von einer anderen Person beschimpft und eben mit jener Sache in den USA „indirekt“ in Verbindung gebracht. So Aussagen wie: „Schleichts eich, weil ihr greifts di Leut eh nur willkürlich an.“ Würde Sie das nicht (irgendwo) stören? 
Sowas in der Art …? […] 5. John hatte es nie leicht gehabt. Er hatte schon in der Schule keine Freunde, aber viele Probleme. Mit seinen Mitschülern, mit Mädchen, mit dem Übergewicht, mit Sport. Als die Schule endlich vorbei war und er es schon fast nicht für mehr für möglich gehalten hatte, eröffnete sich ihm, den alle für einen Loser hielten, eine neue Chance. Ein neues Leben. Ein Leben voller Ordnung, Disziplin und Respekt. Ja ja, jetzt war er wer. Endlich. Dieses süße Gefühl von Macht konnte auch er endlich einmal schmecken. Und wie es ihm schmeckte […] Da kam John diese kleine Sitzdemo mit lauter Studenten von der Sorte, die ihn früher immer geärgert hatten, gerade recht. Jetzt konnte er es ihnen heimzahlen. […] 6. Wer Menschen aus 1m Entfernung mit Pfefferspray tränkt, der soll ruhig auch damit leben, dass er dafür öffentlich angeprangert wird. Bilder erzählen den Betrachtern das, was sie sehen wollen Nicht nur die Produzenten/Produzentinnen machen ihre eigenen Bilder, auch die Betrachter/Betrachterinnen. Je nach Kontext – weltanschaulicher Hintergrund, soziales Milieu, Religion, Alter, Stimmung, Geschlecht – können verschiedene Rezipienten in und aus demselben Bild Verschiedenes (er)sehen. DIE TEUFELSFRATZE Der Nachrichtensender CNN sendete nach dem Attentat auf das World Trade Center in New York vom 11. September 2001 Video-Stills, in denen eine am Südturm des WTC für einen Moment lang gebildete Rauchwolke als „Teufelsfratze“ interpretiert wurde. Ohne Zweifel lassen sich mit etwas Fantasie zum Beispiel in Wolken, Rauch oder Felsen Gesichter, Körper, Gestalten sehen. Mediale und reale Wirklichkeit wurden vom Fernsehsender offenbar vermischt. Die Nachrichten lieferten ein bestimmtes, konstruiertes, interpretiertes Bild der Wirklichkeit, nicht „die Wirklichkeit“ selbst. DIE GRÜNDE, WESHALB SOLCHE BILDER PRODUZIERT WERDEN UND HOHE AUFMERKSAMKEIT FINDEN Grund eins: Ungewissheit nährt Spekulationen Denken Sie an Ereignisse in Ihrem Umfeld, über die Sie nichts Genaues wissen: Gerade in solchen Fällen blühen die wildesten Spekulationen, Theorien, Geschichten und unkontrollierter Tratsch. Ähnliches geschieht bei Ereignissen von so großer Dimension, wie dem Angriff auf das World Trade Center. Dort herrschte zunächst große Ungewissheit, was Täter und Tatmotive betraf. Man war, so nennt das die Medienwissenschaft, „overnewsed, but underinformed“. Grund zwei: Die Betrachter suchen in den Bildern eine tiefere Bedeutung Wer das Foto vom World Trade Center betrachtet, nimmt zunächst ein brennendes Hochhaus wahr. Ohne weitere Erklärung weiß man nicht, wo das Gebäude steht und weshalb es brennt. Seine besondere Bedeutung gewinnt dieses Hochhaus dadurch, dass es das World Trade Center ist, eines der Symbole westlicher Wirtschaftsmacht. Damit wird das Foto identifizierbar. Doch auf den Terroranschlag auf dieses konkrete Gebäude wurde unterschiedlich reagiert: mit Trauer, Wut, Bestürzung, Ungläubigkeit, aber auch mit Schadenfreude und Genugtuung. Die von CNN hineininterpretierte Teufelsfratze wurde begierig aufgenommen, denn sie konnte je nach Betrachter auf gegensätzliche Weise interpretiert werden. Nur zu Prüfzwecken – Eige tum des Ve lags öbv

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