Sprachräume 3, Deutsch für die AHS-Oberstufe, Schulbuch

zwISCHEnrAuM 3  Verantwortung für die Sprache 130 Verantwortung für die Sprache Sprache kann kommunikativ sein, Verbindungen herstellen, Kontakte knüpfen. Aber sie kann auch ausgrenzen, einschüchtern, Überlegenheit und Unterlegen- heit konstruieren. Zu verantwortungsvollem Sprachgebrauch ruft Sie dieser Zwischenraum auf. 74s2t5 zwISCHEnrAuM 3 Welche Formen diskriminierenden Sprachgebrauchs werden im oben angeführten „Straßenbahnfall“ angewendet? Wie reagiert der afrikanische Fahrgast darauf? Gegenüber welchen gesellschaftlichen Gruppen wird auch in der Öffentlichkeit irreversible Sprache angewendet? Bei welchen Gelegenheiten – etwa innerhalb der Familie oder am Arbeitsplatz – wird irreversible Sprache eingesetzt? Irreversible Sprache Mit „Nau Bimbo, dei Foakoatn!“ , wandte sich der Straßenbahnkontrollor an den Afrikaner. Der Kontrollor hatte wohl schon unzählige Male bei einer bestimmten Schicht von Fahrgästen diese sprachliche Strategie angewandt. Er wusste, wie man jemandem seine Überlegenheit zeigen konnte. Doch Bimbo zögerte nicht mit der Antwort: „Bimbo hat nicht Fahrkarte. Bimbo hat auch nicht Wochenkarte. Bimbo hat Jahreskarte – und Bimbo ist Rechtsanwalt. Guter Rechtsanwalt. Und jetzt will Bimbo Nummer von Kontrollor, damit Bimbo Kontrollor klagen kann!“ In diesem vom Wiener Journalisten Erich Hufnagl berichteten realen Fall sind Herablassung und Einschüchterung über den Weg der Sprache misslungen. Bei vielen anderen Gelegenheiten jedoch ist der Einsatz von irreversibler Sprache, einer Sprache, die man zwar selbst verwendet, deren Gebrauch man aber den anderen verwehrt, eine ,erfolgreiche’ Strategie. Irreversible, diskriminierende Sprache soll Gesprächspartner in die Defensive drängen und eigene Dominanz beweisen. FORMEN SPRACHLICHER DISKRIMINIERUNG IN DER ALLTAGSKOMMUNIKATION Sprachliche Diskriminierung hat bestimmte Methoden, deren man sich bewusst, aber auch manchmal unbewusst bedient: ƒƒ Vermeiden Sie gegenüber Gesprächspartnern, besonders aus anderen Kulturkreisen oder nicht deutscher Muttersprache, Formen vereinfachten Sprechens, wie zum Beispiel Sprechen im Infinitiv statt richtiger Verbalformen, Auslassung von Endungen, Verzicht auf die Bildung von Sätzen, übertriebene Intonation oder Artikulation, übertriebene Gestik und Mimik. Diese Form entstellter Sprache nennt man auch Babytalk oder Foreignertalk. ƒƒ Sprechen Sie nicht in Mundart/Dialekt, wenn Sie annehmen können, dass Ihre Gesprächspartner diese nicht verstehen. ƒƒ Vermeiden Sie Anredeformen oder Bezeichnungen, die als herabwürdigend empfunden werden könnten. ƒƒ Achten Sie darauf, auch wenn Ihre Gesprächspartner nur langsam oder fehlerhaft sprechen, diese zu Wort kommen und ausreden zu lassen, beziehen Sie sie aktiv in Ihre Kommunikation ein. Ob eine spezifische sprachliche Äußerung diskriminierend ist oder nicht, hängt jedoch vom jeweiligen Kontext ab, in dem sie verwendet wird. Ein Beispiel dafür ist die Anrede mit „Du“. Prinzipiell ist diese Anrede nicht abwertend, es kommt jedoch auf den konkreten Fall an, wann jemand wen unter welchen Umständen duzt. Wenn eine sozial „höher“ gestellte Person das „Du“ anbietet, so kann das ein Zeichen der Wertschätzung sein. Wenn bei einer offiziellen Ausweiskontrolle ein Afrikaner mit „Du“ angesprochen wird, so ist das „Du“ abwertend. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verla s öbv

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