Sprachräume 3, Deutsch für die AHS-Oberstufe, Schulbuch

113 Kompetenztest 8 Hauptkompetenz und Teilkompetenz Textkompetenz: Textsorten und ihre strukturellen Merkmale erkennen und hinsichtlich ihrer Inhalte und Aussage analysieren Weitere geforderte Kompetenzen Schriftliche Kompetenz, Literarische Bildung, Mündliche Kompetenz Methodisch-didaktische Hinweise Einzelarbeit oder Partnerarbeit Zeitbedarf Teil 1:25 Minuten; Teil 2: 5 Minuten KT 1 KT 2 Dramenszenen analysieren als Grundlage für eine Interpretation Analysieren Sie die beiden folgenden Szenen aus „Woyzeck“, mit denen das Drama abbricht. Erläutern Sie dazu in Stichworten Folgendes: Weshalb kehrt Woyzeck zum Teich zurück? Worum geht es inhaltlich in Woyzecks Monolog? Was sind die sprachlichen Charakteristika des Monologs (Satzbau, Stilmittel, Schlüsselwörter)? Worin besteht die sprachliche Parallele zur „Mordszene“? Erläutern Sie, was sich zwischen der vorletzten und der letzten Szene zugetragen haben muss. Verfassen Sie nun eine Interpretation (540-660 Wörter): Ordnen Sie den Dramentitel von „Woyzeck“ ein, benennen und beschreiben Sie die Hauptpersonen, ihren sozialen Stand und ihre Beziehungen zueinander, erläutern Sie, auf welche konkreten Fälle das Drama Bezug nimmt, stellen Sie die Erkenntnisse Ihrer Analyse der letzten beiden Szenen aus KT 1 a dar. Deuten Sie die Intention des Dramas und bewerten Sie den Eindruck, den die Lektüre der Dramenszenen auf Sie gemacht hat. Erläutern Sie, ob es Sie „stört“, dass das Drama unvollendet, also ohne Schluss geblieben ist. /Vorletzte Szene/ Am Teich. Woyzeck allein. Das Messer? Wo ist das Messer? Ich hab’ es da gelassen. Es verrät mich! Näher, noch näher! Was is das für ein Platz? Was hör’ ich? Es rührt sich was. Still. – Da in der Nähe. Marie? Ha, Marie! Still. Alles still! Was bist du so bleich, Marie? Was hast du eine rote Schnur um den Hals? […] Was hängen deine Haare so wild? Hast du deine Zöpfe heute nicht geflochten? – Das Messer, das Messer! Hab’ ich’ s? So! – Er läuft zum Wasser. So, da hinunter! – Er wirft das Messer hinein. – Es taucht in das dunkle Wasser wie ein Stein. Der Mond ist wie ein blutig Eisen. – Nein, es liegt zu weit vorn, wenn sie sich baden. – Er geht in den Teich und wirft weit. – So, jetzt – aber im Sommer, wenn sie tauchen nach Muscheln? – Bah, es wird rostig, wer kann’ s erkennen. – Hätt’ ich es zerbrochen! – Bin ich noch blutig? Ich muss mich waschen. Da ein Fleck, und da noch einer ... /Letzte Szene/ Gerichtsdiener, Arzt, Richter. Polizeidiener: Ein guter Mord, ein ächter Mord, ein schöner Mord, so schön als man ihn nur verlangen tun kann, wir haben schon lange so keinen gehabt. a b Textkompetenz Mündliche Kompetenz Schriftliche Kompetenz Literarische Bildung 2 4 6 8 10 12 In seinem Werk „Der Mythos vom Zivilisationspro- zeß“ hat der Ethnologe Hans Peter Duerr zahllose Belege dafür zusammengetragen, dass wir Gewalt als die unmenschliche Konstante der Menschheitsge- schichte betrachten müssen. Folglich hat auch die Literatur damit zu tun. Aber Literatur ist ja selten bloß Nachahmung oder Verdoppelung der Realität. Literatur kann Erkenntnis fördern. Sie erlaubt den Fantasien, ans Licht zu treten, ohne wirklich werden zu müssen. Sie warnt mit der Darstellung des Nega- tiven davor, unsere negativen Energien auszuleben. [...] Es hat also seine Gründe, dass sich die Literatur immer auch den Abgründen nähert, und das kann nicht anders sein, da sie, wie alle Künste und wie die Philosophie, danach trachtet, das unergründliche Wesen des Menschen und seine Bestimmung zu er- gründen. „Vieles ist ungeheuer, nichts ungeheurer als der Mensch“, sagt Sophokles in seiner „Antigo- ne“. Das ist keine angenehme Erkenntnis, aber Er- kenntnisse sind eben nicht immer angenehm. Und deshalb gibt es eine große Überlieferung der Litera- tur, die die Wahrheit im Finsteren sucht. 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 Eine literaturwissenschaftliche These erläutern „Woyzeck“ hat, wie viele Werke aus der Literatur, menschliche Abgründe dargestellt. Weshalb sind solche „negativen“ Themen so häufig Gegenstand der Kunst? Dazu der Wissenschaftler Ulrich Greiner: Der Literaturwissenschaftler Hans-Dieter Gelfert: „Die humanisierende Wirkung der Kunst besteht gerade darin, dass sie den Menschen mit seinen äußersten Möglichkeiten bekannt macht, ohne dass diese real ausgelebt werden.“ Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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