Sprachräume 3, Deutsch für die AHS-Oberstufe, Schulbuch

107 MARIE: (spöttisch) Ach was! (tritt vor ihn hin.) Mann! TAMBOURMAJOR: Und du bist auch ein Weibsbild, Sapperment, wir wollen eine Zucht von Tambour-Major’s anlegen. He? (Er umfasst sie.) MARIE: (verstimmt) Lass mich! TAMBOURMAJOR: Wild Tier. MARIE: (heftig) Rühr mich an! TAMBOURMAJOR: Sieht dir der Teufel aus den Augen? MARIE: Meinetwegen – Es ist alles eins. Schritt 5: welche Konflikte sich erkennen lassen und wie sie die Handlungen bestimmen Die Personen eines Dramas befinden sich meist in bestimmten Konfliktsituationen . Konflikte können ƒƒ aus bestimmten Situationen entstehen, in denen gegensätzliche Wünsche und Ziele aufeinandertreffen; ƒƒ zwischen Einzelpersonen oder zwischen Gruppen oder gesamten sozialen Schichten bestehen; ƒƒ sich um „Güter“ wie Macht, Besitz, Ansehen, Personen, Freiheit, Sicherheit, Menschenrechte drehen; ƒƒ sich „nur“ verbal oder auch handgreiflich abspielen. Textkompetenz Literarische Bildung 8 10 12 14 Personen und ihre Beziehung anhand ihrer Sprechakte charakterisieren Stellen Sie fest, wer von beiden die Kommunikation bestimmt. Benennen Sie die „Gefühlslage“ und die sich andeutende Beziehung der Personen, charakterisieren Sie anhand seiner Sprechakte die Persönlichkeit des Tambourmajors und analysieren Sie die Nomen, die beide wechselseitig zur Beschreibung des anderen verwenden. Interpretieren Sie Maries letzten Satz; worauf deutet er Ihrer Meinung nach hin? a b 8.4 Szene 7 /woyzeck hat verdacht geschöpft, dass Marie ihn mit dem Tambourmajor betrügt/ Mariens Kammer [nach einer anderen Handschrift Büchners: Straße oder Gasse]. Marie. Woyzeck. Woyzeck (sieht sie starr an und schüttelt den Kopf): Hm! Ich seh’ nichts, ich seh nichts. O man müßt’s sehen, man müßt’s greifen können mit Fäusten! MARIE: (verschüchtert) : Was hast du, Franz? – Du bist hirnwütig, Franz. WOYZECK: Eine Sünde, so dick und so breit – es stinkt, daß man die Engelchen zum Himmel hinausräuchern könnt’ ! Du hast ein’ roten Mund, Marie. Keine Blase drauf? Wie, Marie, du bist schön wie die Sünde – kann die Todsünde so schön sein? MARIE: Franz, du redst im Fieber! WOYZECK: Teufel! – Hat er da gestanden? So? So? MARIE: Dieweil der Tag lang und die Welt alt is, können viele Menschen an einem Platz stehen. WOYZECK: Ich hab ihn gesehn! MARIE: Man kann viel sehn, wenn man zwei Auge hat und nicht blind is und die Sonn scheint. WOYZECK: Mensch! – (Geht auf sie los.) MARIE: Rühr mich an, Franz! Ich hätt’ lieber ein Messer in den Leib als deine Hand auf meiner. Mein Vater hat mich nit anzugreifen gewagt, wie ich zehn Jahre alt war, wenn ich ihn ansah. WOYZECK: Weib! – Nein, es müßte was an dir sein! Jeder Mensch ist ein Abgrund; es schwindelt einem, wenn man hinabsieht. – […] Weiß ich’ s? Weiß ich’ s? Wer weiß es? – (Er geht.) Aus Dialogen die Entstehung von Konflikten erkennen Untersuchen Sie, wer hier den Dialog dominiert und das Thema der Kommunikation festlegt. Benennen Sie das Ziel des Dialogs aus Sicht Woyzecks und erläutern Sie, was man laut Woyzeck „sehen“ und „greifen“ können müsste und was „zum Himmel stinkt“! Erläutern Sie die voraussichtlichen Folgen des Dialogs. Beschreiben Sie die charakteristischen Stilmittel von Woyzecks Sprache und beschreiben Sie die a b psychische Verfassung Woyzecks, die sich in seiner Sprache zeigt. Analysieren Sie, an welcher Stelle die Kommunikation ins Handgreifliche umschlägt, und die Antwort Maries darauf. Vergleichen Sie die Szenen 6 und 7 in Hinblick auf die Haltung Maries zum Tambourmajor bzw. zu Woyzeck. Beurteilen Sie, welche Konflikte sich wohl aus den Dialogen in den Szenen 6 und 7 ergeben. c d 8.5 2 4 6 8 10 12 14 16 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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