Sprachräume 2, Deutsch für die AHS-Oberstufe, Schulbuch

99 Literarische Bildung Textkompetenz Texte hinsichtlich ihrer Inhalte und Gedankenführung analysieren Analysieren Sie folgende Aspekte des Textes: Welcher Textsorte ist „Glorias Witz“ zuzuordnen? Aus der Perspektive welcher Figur wird erzählt? Wie verhalten sich Erzählzeit und erzählte Zeit? Wer sind die Hauptfiguren, was erfahren wir über das soziale Milieu, in dem sie leben, was erfahren wir über ihre Beziehung? Wohmann charakterisiert, wie Strauß, die Personen indirekt , durch ihre Handlungen, Meinungen, ihr Verhalten. Personen können auch vom Erzähler oder anderen Personen durch Beschreibungen ihrer Charaktereigenschaften oder durch Kommentare direkt charakterisiert werden. Leiten Sie aus der folgenden indirekten Charakterisierung eine direkte Charakterisierung ab: „Gloria ist … / Sie hat … / Sie möchte …“ Er vermutete sie im angrenzenden Schlafzimmer […], wo sie ihre Andacht vorm aufgeklappten Altar abhiel- te, ihrem Kleiderschrank. Sie waren am Abend bei den Silbermanns zu einer Gartenparty eingeladen. Die Silbermanns waren nicht so wichtig, aber das Ehepaar Morawetz käme auch, und Gloria würde überlegen: Worin hat Anja mich noch nicht gesehen, und Anja würde auf dem Heimweg mit Fred Morawetz über Glori- as Aufmachung reden. Welcher „Text im Text“ spielt die entscheidende Rolle? Welche Funktion haben die Papageien? Beschreiben Sie die charakteristischen Stilmittel des Textes. 8.2 a b c d e f g „GLORIAS WITZ“ BESCHRIEBEN UND GEDEUTET Eine Schülerin hat auf Basis dieser Fragen und der zusätzlichen Aufgabe, die Antworten in einen Text mit Einleitung, Hauptteil und Schluss zu integrieren, als Hausübung folgende Textbeschreibung und -deutung verfasst, die Ihnen hier in korrigierter Form – nach Verbesserung und Redigierung – vorliegt: Sucht man Informationen über die 1932 geborene Schriftstellerin Gabriele Wohmann, um Genaueres über ihre Bücher zu erfahren, so findet man zum Bei- spiel folgende Charakteristik: „In erster Linie gilt ihr Augenmerk der […] Deformierung des Gefühlslebens und der Unfähigkeit zur Kommunikation. So kommt es, dass viele ihrer Hauptfiguren Liebespaare [und] Ehepaare, Geschwisterpaare, Eltern und Kinder sind. […] Sie gehen ohne materielle Not durchs Leben, sind dafür jedoch mit einem ganzen Sack voll charakterli- cher, seelischer und zwischenmenschlicher Probleme beladen.“ [Quelle: http://www.buecher-wiki.de/index.php/ BuecherWiki/WohmannGabriele; abgerufen am 01.03.2016] Diese Beschreibung trifft auch sehr gut auf den Text „Glorias Witz“ zu, eine typische Kurzgeschichte mit di- rektem Einstieg ohne Einleitung, ohne Vorstellung der Personen durch die Autorin und mit einem offenen Schluss. Ob Gloria nämlich für immer oder zumindest längere Zeit ihren Mann verlassen wird, bleibt ebenso unklar wie die Reaktion ihres Mannes. Erzählt wird personal aus der Perspektive des Ehemannes. Erzähl- zeit und erzählte Zeit sind annähernd deckungsgleich. Leser und Leserin erleben also einen kurzen Ausschnitt aus dem sonntäglichen Leben eines Ehepaares mit. Der Inhalt ist schnell zusammengefasst: Der Mann genießt auf der Terrasse in der Zeitung le- send seine Mittagsruhe. Besonders mag er die Witzsei- te. Seine Frau hat ihm einen Witz angekreuzt, den bei- de schon kennen. Der Mann schätzt den Witz sehr, er ist für ihn „ein kleines Kunstwerk“. Der Witz handelt von einem Schauspieler, der seiner Frau zuruft: „Hast du schon die heutige Klatschspalte gesehen? Steht drin, du hättest mich verlassen.“ Und der berühmte Schauspieler lacht gemütlich vor sich hin, dann ruft er nochmal nach seiner Frau und ob sie es gelesen hätte, aber sie antwortet nicht, der berühmte Schauspieler ruft und ruft ihren Namen: nichts. Der Witz endete mit drei Pünktchen. Im Nichts. Das ist der „Text im Text“. Genau diese Situation wiederholt sich jetzt im Hause des Paares. Der Mann liest der Frau durch die offene Tür den bekannten Witz vor, die Frau sucht sich im Schlafzimmer ein passendes Kleid für die Abend- party aus. Doch die Frau antwortet nicht, er ruft im- mer lauter nach ihr, sucht sie im ganzen Haus. Doch er findet sie nirgends. Der letzte Satz der Kurzgeschichte lässt ihn begreifen, was geschehen ist: „Plötzlich auf dem Treppenabsatz blieb er stehen, er griff sich an die heiße Stirn und sagte ziemlich leise: Aha, so ist das. Genial. Es steckt wirklich mehr dahinter, er hat was, der Witz.“ Der Zeitungswitz hatte am Ende noch drei Punkte, ließ also alles offen. Für den Mann aber ist klar: Seine Frau ist nicht mehr da. Wer sind nun diese beiden Hauptfiguren? Während der Ehemann von der Autorin in seinen Handlungen und seiner Sprache direkt präsentiert wird, erfahren wir über die Ehefrau nur etwas aus der Sicht ihres Mannes: „Er vermutete sie im angrenzenden Schlaf- 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 56 58 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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