Sprachräume 2, Deutsch für die AHS-Oberstufe, Schulbuch

SPRACHRAUM 7 Sprache: Entstehung und Entwicklung 80 Sprachreflexion Textkompetenz Diphthongierung und Monophthongierung Ohne Zweifel haben Sie festgestellt, dass sich das lange î zu einem Zwielaut ( Diphthong ) ei verändert hat, der Zwielaut uo zu einem einfachen Laut ( Monophthong ) u wurde und das ie zu einem i . Damit sind bereits entscheidende lautliche Unterschiede zwischen dem Mittelhochdeutschen und der neuhochdeutschen Schriftsprache fixiert: die neuhochdeutsche Diphthongierung und Monophthongierung . 1. Die Diphthongierung: Mittelhochdeutsch Neuhochdeutsche Schriftsprache langes î wîn, swîn, sîn Wein, Schwein, sein langes û hûs, mûs, rûm Haus, Maus, Raum langes iu (gesprochen ü) niuwe, triuwe, hiute neu, Treue, heute Die Diphthongierung beginnt bereits im 12. Jahrhundert in Südtirol und Kärnten und erreicht von dort den gesamten Süden des deutschen Sprachgebietes mit Ausnahme des Alemannischen (in Vorarlberg noch heute: min Hus !). Merkvers zur Diphthongierung: mîn niuwes hûs. 2. Die Monophtongierung: Mittelhochdeutsch Neuhochdeutsche Schriftsprache Zwielaut ie liep, siech, brief (als Zwielaute wie „ia“ gesprochen!) lieb, siech, Brief (in der„Hochsprache“ nicht als Zwielaut gesprochen!) Zwielaut uo guot, muot, zuo gut, Mut, zu Zwielaut üe güete, müede, büecher Güte, müde, Bücher Die in Österreich heute gesprochenen Mundarten haben noch – im Gegensatz zur Schriftsprache und zu Teilen des Alemannischen in Vorarlberg – die alten mittelhochdeutschen Zwielaute bewahrt: „Sei so guad, sei so liab, bring ma die Biacha!“ Merkvers zur Monophthongierung: liebe guote brüeder. Die deutschen Mundarten und die deutsche Schriftsprache Wenn wir auf Deutsch schreiben , so verwenden wir alle im deutschen Sprachraum eine einheitliche Sprache. Sprechen wir „nach der Schrift“, so gilt dasselbe. Sprechen wir aber Umgangssprache , Mundart oder Dialekt , so treten oft starke Unterschiede nach Regionen und Landschaften zu Tage. Wo liegen die Gründe dafür? Althochdeutsch, Mittelhochdeutsch, Neuhochdeutsch Die älteste schriftlich überlieferte Form des Deutschen ist das Althochdeutsche vom 8. bis ins 11. Jahrhundert. Darauf folgt das „sprachökonomischere“, Wörter vereinfachende Mittelhochdeutsche, das bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts gesprochen wird: Ahd. hêriro wird zu mhd. herre (Herr), ahd. weralt zu werlde (Welt). Unsere heutige deutsche Schriftsprache ist das Neuhochdeutsche. Achtung, Begriffsverwirrung: Sehr oft wird der Begriff „Hochdeutsch“ falsch verwendet. Hochdeutsch ist ein geographischer Begriff. Auch wenn jemand in Österreich seine Mundart verwendet – „Geh hiatzt duat umi!“ –spricht er/sie „Hochdeutsch“ – allerdings nicht Schriftdeutsch beziehungsweise nicht „Hochsprache“ (Standardsprache). Unterschiede zwischen Mittelhochdeutsch und Neuhochdeutsch erkennen Übertragen Sie dieses mittelhochdeutsche Gedicht Zeile für Zeile in die neuhochdeutsche Schriftsprache. Unterstreichen Sie in Ihrer Übertragung die Änderungen, die sich bei den Vokalen ergeben. 7.6 In der Schriftsprache suchte man seit dem Ende des Mittelalters nach Vereinheit- lichung. Begünstigt wurde die Bildung einer einheitlichen Schriftsprache durch den Buchdruck. Ein Buchdrucker wollte seine Produkte nicht nur regional, sondern möglichst überall im deutschen Sprach- gebiet verkaufen. Gemieden wurden Wörter, Wendungen, Aussprachen, die in entfernt- eren Gegenden nicht verstanden wurden. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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