Sprachräume 2, Deutsch für die AHS-Oberstufe, Schulbuch

79 Sprachreflexion Textkompetenz Die zweite Lautverschiebung, das Althochdeutsche und das Mittelhochdeutsche Das im Süden des deutschen Sprachgebiets gesprochene Hochdeutsche unterscheidet sich vom Niederdeutschen im Norden des deutschen Sprachgebiets und von allen anderen germanischen Sprachen durch die zweite (hochdeutsche) Lautverschiebung, die, nicht unähnlich der ersten Lautverschiebung, vor allem die Laute p , t , k betrifft. Beispiele zeigen die Änderung durch die zweite Lautverschiebung: niederdeutsch slapen , englisch sleep , hochdeutsch schlafen ; engl. pepper , hochdt. Pfeffer ; niederdt. ik , hochdt. ich . Das Deutsche WAS BEDEUTET „DEUTSCH“? Eine der ersten Erwähnungen des Begriffs „deutsch“ hat einen starken Österreich-Bezug. Im Jahr 788 wird der Baiernherzog Tassilo III., der Kolonisator österreichischen Gebietes und Gründer von Stift Kremsmünster, in einer Reichsversammlung der Franci, Baioarii, Langobardi et Saxones zum Tode verurteilt. Das auf Latein geschriebene Dokument beschuldigt ihn eines Verbrechens, quod theodisca lingua harisliz dicitur – „das in deutscher Sprache Spaltung des Heeres genannt wird“. Das erste Mal in deutscher Sprache wird der Begriff „deutsch“ von dem Mönch Notker von St. Gallen verwendet (um 1000). Er übersetzt Werke aus dem Lateinischen ins Deutsche: in diutiscun . Zwei Jahrhunderte später taucht der Begriff als diutsch/tiutsch/tiusch auf. Die Etymologie des Wortes ist nicht schwierig: Es gehört zum frühen deutschen Wort theota , das sich zu diet entwickelt und „Volk“ bedeutet. „Deutsch“ meint also „zum eigenen Volk gehörig, die Sprache des eigenen Volkes sprechend“. VOM GERMANISCHEN ZUM DEUTSCHEN: DIE ZWEITE (HOCHDEUTSCHE) LAUTVERSCHIEBUNG So wie die erste Lautverschiebung das Germanische von den übrigen indogermanischen Sprachen unterscheidet, so unterscheidet die zweite Lautverschiebung das Hochdeutsche (im Süden des deutschen Sprachgebietes) vom Niederdeutschen (im Norden des deutschen Sprachgebietes) und auch von allen übrigen germanischen Sprachen . Diese zweite Lautverschiebung betrifft wieder vor allem die Laute p, t, k. Sie verändern sich im Hochdeutschen, wie folgende Beispiele zeigen: englisch o p en, slee p , hochdeutsch o ff en, Schla f ; niederdeutsch oo k , hochdeutsch au ch ; englisch a pp le , niederdeutsch a pp el , hochdeutsch A pf el ; englisch und niederdeutsch wa t er , hochdeutsch Wa ss er ; englisch t ongue , hochdeutsch Z unge . Beispiele für die zweite Lautverschiebung entdecken Suchen Sie möglichst viele englische Wörter und ihre deutschen Entsprechungen, an denen Sie die zweite Lautverschiebung beobachten können (z. B. ten/zehn ; eat/essen ; book/Buch ). 7.5 Lesetipp zu den folgenden Texten und Beispielen: Der Zirkumflex ^ und ein Doppelvokal zeigen an, dass der Vokal lang gesprochen wird, ae ist langes „e“, ie unser Zwielaut „ia“ wie mundartlich „nie“; uo unser „uo“ wie in mundartlich „Kuh“. Silben mit unbezeichneten Vokalen werden sehr kurz ausgesprochen. Die Verdoppelung „zz“ wird als scharfes S ausgesprochen. Vom Mittelhochdeutschen zum Neuhochdeutschen Als „ Mittelhochdeutsch “ bezeichnet man die deutsche Schreibsprache von der Mitte des 11. Jahrhunderts bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts. Es liegt zwischen dem Althochdeutschen , dessen erste schriftliche Zeugnisse aus dem 8. Jahr- hundert stammen, und „unserem“ aktuellen Neuhochdeutschen . DIE UNTERSCHIEDE ZWISCHEN DEM MITTELHOCHDEUTSCHEN UND DEM NEUHOCHDEUTSCHEN Das folgende Gedicht ist eines der kürzesten, bekanntesten und am leichtesten verständlichen Lieder des Mittelalters, entstanden um 1210. Es eignet sich hervorragend, um wichtige Unterschiede zwischen dem Mittelhochdeutschen und dem Neuhochdeutschen zu zeigen: Dû bist mîn, ich bin dîn: des solt dû gewiss sîn. dû bist beslozzen in mînem herzen verlorn ist das slüzzelîn dû muost iemer drinne sîn. 2 4 6 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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