Sprachräume 2, Deutsch für die AHS-Oberstufe, Schulbuch

7 Manche Nomen, vor allem jene auf -el und -ing, bilden überhaupt keine weibliche Form auf -in: Es gibt keine „Kumpelin“, keine „Flüchtlingin“, keine „Lehrlingin“. Helfen kann man sich zum Beispiel mit Adjektiven: „Männliche und weibliche Lehrlinge gesucht!“ DER SCHRÄGSTRICH INNERHALB DES WORTES Die weibliche und die männliche Endung werden innerhalb eines Wortes angeführt und durch einen Schrägstrich getrennt. Manchmal wird diese Methode auch als „Sparvariante“ kritisiert, welche die Frauen nur sehr wenig „sichtbar“ mache. Die Grundregel für die Schrägstrichform lautet: nur ein Schrägstrich pro Wort, auch wenn die Genauigkeit „geopfert“ werden muss: Bürgermeisterkandidat/in gesucht. „Bürger/innenmeister/innenkandidat/in“ wäre, obwohl es Bürger und Bürgerinnen, Meister und Meisterinnen gibt, kaum mehr lesbar. Die Tücken Die Schrägstrichvariante kann nur angewendet werden, wenn das Wort auch ohne Schrägstrich grammatisch korrekt ist: Im Schulgemeinschaftsausschuss sind die Lehrer/innen , Schüler/innen und Eltern vertreten. Nicht möglich ist aber zum Beispiel der folgende Satz: Im Schulgemeinschaftsausschuss sind natürlich auch die Professor/innen vertreten. Ebenso wenig möglich wäre die Formulierung „Die Aufgaben eines/einer Lehrer/in sind vielfältig“. Sicherheit, ob die gewählte Schrägstrichform richtig ist, bekommen Sie mit der „Weglassprobe“: „ Die Professor “ ist kein grammatisch richtiger Plural und auch der Genitiv „ eines Lehrer “ ist falsch. In längeren Sätzen und Texten stören Schrägstriche unter Umständen den Lesefluss: Der/die Bildungsberater/in veranstaltet jedes Jahr für die Schüler/innen ein Bewerbungstraining mit einem/einer externen Trainer/in . Bezeichnungen mit Schrägstrichen sind überdies nur in der geschriebenen Sprache, nicht aber in der gesprochenen bemerkbar. Deshalb wird manchmal vorgeschlagen, in der gesprochenen Sprache vor -in/innen eine kleine Pause zu machen. DAS PROBLEMATISCHE BINNEN-I Bei dieser Variante wird im Wortinnern an Stelle des Schrägstrichs das „I“, also der erste Buchstabe der weiblichen Endung, großgeschrieben: „Die SchülerInnen und LehrerInnen trafen einander zu einem fröhlichen Schulabschlussfest.“ Auch die Binnen-I-Variante kann nur angewendet werden, wenn die Form ohne „I“ grammatisch richtig ist. Nicht möglich wäre also der Satz: „Die ProfessorInnen tagten in der Bibliothek.“ Tücken und Kritikpunkte Obwohl es sehr häufig verwendet wird, entspricht das Binnen-I weder den Regeln der alten noch der neuen Rechtschreibung. Der Duden stellt dazu fest, dass es Großschreibung nur am Wortanfang eines Nomens geben kann, aber nicht im Wortinnern und rät deshalb von der Verwendung des Binnen-I ab. Auch im „amtlichen Regelwerk“, das für Österreich die Schreibung innerhalb der staatlichen Einrichtungen vorschreibt, – so wie zum Beispiel für das vor Ihnen liegende Lehrbuch – kommt das Binnen-I nicht vor. Das Österreichische Wörterbuch formuliert vorsichtig: „Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass der Gebrauch fehlerhaft ist.“ Kritiker bemängeln, dass Begriffe mit Binnen-I in der gesprochenen Sprache, etwa bei einem Vortrag, nur noch als weibliche Formen wahrgenommen werden. Diese Schreibung würde nicht beide Geschlechter erwähnen, sondern eine „Feminisierung“ erzeugen. Um dies zu vermeiden, wird bei mündlichem Gebrauch des Binnen-I so wie bei der Schrägstrichschreibung eine Pause vor dem „I“ vorgeschlagen. Ein weiterer Kritikpunkt aus „männlicher“ Sicht: In vielen Texten würden zwar positiv besetzte Personenbezeichnungen mit Binnen-I geschrieben (LehrerIn, SchülerIn, DemonstrantIn), nicht aber negative wie DiebIn oder TerroristIn. Dies widerspräche aber dem Grundgedanken, Frauen überall in der Sprache sichtbar zu machen. Eine konsequente Umsetzung des Binnen-I würde auch das Splitten negativer Begriffe voraussetzen. KLAMMER UND „GROSS-R/N-SCHREIBUNG Grammatisch wäre nichts gegen folgende Variante einzuwenden: Alle Schüler(innen) versammeln sich in der Aula. Trotzdem wird diese Klammerschreibung selten angewendet: Eingeklammertes könnte auch als „zweitrangig“ und weniger wichtig wahrgenommen werden. Wie beurteilen Sie die Durchsetzungschance von geschlechtsneutralen Bezeichnungen, wie das Student , oder die Feminisierung die Student ? Bringen Sie Argumente für Ihre Bewertung. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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