Sprachräume 2, Deutsch für die AHS-Oberstufe, Schulbuch

49 Schriftliche Kompetenz Textkompetenz Werbung mit Schock und Provokation Treibt Werbung in die Magersucht? Ihre Stellungnahme ist gefragt! Lesen Sie den folgenden Text aus der „Kleinen Zeitung“, der zwei konträre Standpunkte zum Thema „Werbung – objektive Information oder suggestive Manipulation?“ bietet. Fassen Sie in circa 300 Wörtern den Text zusammen und vergleichen Sie die beiden Textteile. Verfassen Sie, ausgehend von den beiden Text- teilen und den Informationen dieses Sprachraums, eine Erörterung von 405 bis 495 Wörtern. Wählen Sie dafür die folgende Themenstellung: „Wie Werbung wirkt“. Beschreiben Sie das Ziel der Werbung, analysieren Sie deren Sprache, begründen Sie Ihre Kritik an der Werbung. 4.9 a b Wiederholung „Lesetechniken“ 1. Diagonales Lesen, gefolgt vom kursorischen Lesen; 2. Hauptbegriffe und Grundaussagen markieren, unbekannte Wörter nachschlagen; 3. das Exzerpt schreiben: Einleitung: Quellenangabe (Verfasser, Titel …); worum geht es? Hauptteil: Wiedergabe der wichtigsten Informationen Schluss: Welches neue Wissen habe ich erworben? Welche Position vertrete ich? Tipps für das Verfassen einer Zusammenfassung finden Sie in Zwischenraum 1, S. 19. Hinweise zur Erörterung gibt es ebenfalls in Zwischenraum 1. Renate Christine Hutter, Psychotherapeutin und Mitarbeiterin der Akademie für Sozialar- beit und der Drogenberatungsstelle des Landes Steier- mark: Mädchen sind der Suggestivwirkung der Werbung ausgeliefert, sie haben noch nicht die Fähigkeit, sich ge- gen diese Verführung zu schützen. In Workshops mit Mädchen zwischen zehn und 14 Jah- ren stellten wir u. a. die Frage „Welche Bedeutung haben die Medien bei der Entstehung von Ess-Störungen?“ Die Mädchen geben diesem Aspekt eine sehr große Bedeu- tung. Sie beschreiben vor allem den Druck, dem sie aus- gesetzt sind, wenn es darum geht, so aussehen zu müs- sen wie die Models auf den Fotos der Anbieter von Be- kleidungs-, Schlankheits- und Schönheitsprodukten. Jugendliche im Pubertäts- und frühen Erwachsenen- alter sind in ihrer seelischen und sozialen Entwicklung enorm gefordert. Jeder Einzelne vollbringt großartige Leistungen in dieser Lebensphase, die von den Erwach- senen häufig viel zu wenig geschätzt oder gelobt werden. Vielmehr erleben sie, dass ihnen zugemutet wird, dass sie noch leistungsbereiter und noch perfekter sein sol- len. Aus der geschlechtsspezifischen Forschung und dem täglichen Umgang mit Mädchen wissen wir, dass sie die- Heimo Lercher, Geschäftsführer einer Werbeagentur: Werbung macht brutal, egoistisch, sündig, dumm, krebskrank und fettleibig. Jetzt auch magersüchtig. Oder etwa nicht? Zehntausende Menschen leben weit über ihre Verhält- nisse. Sie bauen, kaufen und urlauben, was das Zeug hält, und geben dafür mehr Geld aus, als sie je verdienen werden. Wenn es dann so richtig eng wird mit Kündi- gung, Kontosperre, Pfändung, Privatkonkurs oder gar Selbstmord: Was haben dann unsere selbst ernannten sem Anpassungsdruck sehr stark unterliegen. Die Aus- einandersetzung mit Körper und Aussehen ist täglich ein Thema. Die Suggestivwirkung von Werbung prallt auf sie ein. Sie haben nicht wie die erwachsene Frau die Möglichkeit, sich gegen diese Verführungen zu schüt- zen und subtile Botschaften als solche zu erkennen. […] Werbung an sich ist nicht gut oder schlecht! Sie hat eine Funktion in unserer medialen Welt und letztlich sind es die betreffenden Werbefachleute und Produzenten, die gefordert sind, ihrer Verantwortung nachzukommen, wenn sie Werbebotschaften aussenden. Werbung allein wird nicht die Macht haben, dass Ma- gersucht entsteht; sie kann jedoch durch entsprechende Botschaften wesentlich zum Wohl- oder Unwohlbefin- den beitragen. Aus Sicht der Therapeutin und Pädago- gin würde ich viel lieber meine Zeit dafür verwenden, den Wünschen der Jugendlichen entgegenzukommen und ihren emotionalen Bedürfnissen genügend Raum zu widmen, anstatt mit ihnen die Funktion von Wirt- schaftsinteressen und deren Auswirkungen auf ihre Per- sönlichkeit und ihr Gefühlsleben zu besprechen. Anlass zur Hoffnung geben jedoch Firmen, die ihre Verkaufs- strategien bereits den Bedürfnissen von Jugendlichen anpassen und auf sie Rücksicht nehmen. Sittenwächter wieder einmal schon immer gewusst? – „Kein Wunder, diese Tragödie, denn die Werbung sug- geriert uns ja am laufenden Band, dass wir alles haben müssen und von allem das Beste und Schönste. Ein schwacher Charakter mit wenig Selbstwertgefühl wird da einfach zum Opfer – der Werbung.“ So ist es nicht. Als es noch lange keine Inserate, Plakate, Radio- und Fernsehspots gab, bedeutete „werben“ nichts anderes als „sich drehen; sich bewegen; sich be- mühen“: Auch heute bemühen sich Hersteller, die Kon- sumenten für ihre Produkte zu interessieren. 2 4 6 2 4 8 10 12 14 16 18 20 22 24 6 8 10 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 12 14 16 18 20 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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