Sprachräume 2, Deutsch für die AHS-Oberstufe, Schulbuch

SPRACHRAUM 4 Werbung, Sprache, Stil 46 Sprachreflexion Mediale Bildung SCHARFE KRITIK AN EINEM PLAKAT Eine der großen Kampagnen gegen „sexistische“ Werbung löste ein Plakat einer österreichischen Brauerei aus. Es zeigte drei junge Frauen mit nacktem Oberkörper, vor den sie als „Sichtschutz“ jeweils ein Glas Bier hielten. Die Haarfarben der Damen – schwarz, rötlich-dunkelblond und hellblond – entsprachen jeweils der Farbe „ihres“ Bieres. Die verbale Information bestand aus dem Namen der Brauerei, ergänzt durch den Slogan „Fasstypen“. Eine Variante mit drei (traditionell bekleideten) Männern, laut Werbeagentur „drei bierigen, herzlichen, schlagfertigen“ Burschen, folgte. Die Kritik Hier die Kritik einer Politikerin an der „Frauenvariante“ der Bierwerbung: „Ich beanstande diese Werbemaßnahme, da sie meiner Ansicht nach frauendiskriminierend bzw. sexistisch ist. Sie widerspricht den Menschenrechten von Frauen. Das dadurch vermittelte Frauenbild hat verheerende Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft und verletzt mich in meiner persönlichen Würde.“ WAS IST SEXISMUS? Die Sprachwissenschaftlerin Ruth Wodak definiert Sexismus in einem Interview so: Sexismus ist eine Diskriminierung gegenüber Frauen und Männern aufgrund ihres biologischen Geschlechts. Es werden jeweils Frauen oder Männern ganz allgemein bestimmte […] Merkmale zugeschrieben, ausschließlich aufgrund des biologischen oder sozial konstruierten Geschlechts. Unterscheidet sich Sexismus von anderen Formen der Diskriminierung? Grundsätzlich nein. Auch bei Rassismus, Xenophobie, Antisemitismus oder Islamophobie funktionieren die Diskriminierung und Ausgrenzung immer über die Zuschreibung bestimmter […] Merkmale an eine Gruppe. Man konstruiert also sprachlich „die Anderen“: religiös andere, geschlechtlich andere, ethnisch andere. DIE STELLUNGNAHME DER BRAUEREI Die zahlreichen Reaktionen auf das Werbeplakat, das österreichweit Aufmerksamkeit erweckt hatte, veranlasste die Brauerei zu einer öffentlichen Stellungnahme, in der man sich scharf vom Vorwurf distanzierte, die Brauerei habe die Absicht, DER „WERBERAT“ ZUM THEMA „FRAU IN DER WERBUNG“ In Österreich legt der „Werberat“ Richtlinien zur Selbstbeschränkung der Werbung fest. Zum Thema „Frau in der Werbung“ gibt es folgende Kriterien: ƒƒ Werbung soll sich keiner sexuell anstößigen Darstellungen bedienen. ƒƒ Es sollen keine bildlichen Darstellungen von nackten Frauenkörpern ohne direkten inhaltlichen Zusammenhang zum beworbenen Produkt verwendet werden. ƒƒ Textstellen und verbale Äußerungen sexuellen Inhalts, welche die Würde der Frau verletzen können, sind zu unterlassen. ƒƒ Werbung soll nicht frauenfeindlich beziehungsweise frauendiskriminierend sein. ƒƒ Werbung soll die Gleichwertigkeit der Geschlechter nicht in Frage stellen. ƒƒ Werbung soll keine Motive verwenden, die dem modernen Rollenbild der Frau widersprechen. Insbesondere sind Darstellungen und Aussagen zu unterlassen, die den Eindruck erwecken, Frauen besäßen von Natur aus geringe Intelligenz, mangelndes Durchsetzungsvermögen, geringe analytische Fähigkeiten, seien ungebildet und übten vornehmlich dienende Funktionen aus. Frauen als Konsumgut oder als primäre Sexobjekte darzustellen. Ganz im Gegenteil und in bester Inten- tion ging es uns darum, mit natürlichen Frauen die vielfältigen Biersorten (Fasstypen) unserer Traditions- brauerei abzubilden. Dass die Damen am Plakat nackt sind, jedoch niemals freizügig oder sexistisch darge- stellt werden, liegt an unserem Anspruch, jene Ur- sprünglichkeit und Reinheit zu symbolisieren, die der Bierbraukunst aus [unserem] Haus zugrunde liegt. Weiters war es niemals beabsichtigt, die Frauen als Sexsymbole für die Männerwelt zu positionieren, son- dern vielmehr dem Anspruch [unserer] Premiummar- ke gerecht zu werden, nämlich schon lange nicht mehr ein reines ‚Männergetränk’ zu sein, sondern auch in der Frauenwelt Biertrinkerinnen gefunden zu haben, die Geschmack, Charakter und Exklusivität schätzen. 2 4 6 8 10 12 14 16 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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