Sprachräume 2, Deutsch für die AHS-Oberstufe, Schulbuch

45 Mündliche Kompetenz Mediale Bildung Meist setzt Werbung auf vertraute Bilder und positive Slogans, die in die Welt der umworb- enen Zielgruppe passen. Eine gegenteilige Strategie verfolgen Werbekampagnen, die mit Schock und Provokation Aufmerksam- keit erregen wollen. Die bekanntesten Schock-Werbungen sind vermutlich die Bilder des Fotografen Oliviero Toscani für eine italienische Mode- marke. Ein sterbender Aidskranker, blutbefleck- te Kleider eines erschossenen Soldaten, blutverschmierte Neugeborene irritieren. Toscani erklärt, er wolle die Menschen zum Nachdenken über Gewalt, Umweltzerstörung, Krankheit und Sterben bringen. Zuletzt sorgte Toscani mit seiner Kampagne für das Mode-Label „Nolita“ für Aufsehen. Er zeigt den ausgemergelten Körper einer Magersüchtigen. „No-Anorexia“ heißt es knapp dazu: „Nein zur Magersucht.“. Toscani glaubt, dass die Mode stark zur Verbreitung der Anorexie beigetragen habe: „Die Medien führen Mädchen Erfolgs- beispiele vor, die unerreichbar sind“. Bald nach Erscheinen wurde diese Werbekampagne allerdings verboten. SCHOCK-ANTIWERBUNG IM NETZ Gerade die neuen Medien transportieren auf Schockwirkung zielende Werbung und „Antiwerbung“ besonders häufig. Denn was einmal im Netz steht, kann schwer wieder auf Dauer entfernt werden und ist deshalb lange und für viele Leute einsehbar. Ein berühmter Fall für schockierende „Antiwerbung“ im Internet ist der eines weltweit tätigen Nahrungsmittelkonzerns, Produzent eines bekannten und sehr beworbenen Schokoriegels. Greenpeace stellte dazu ein Video ins Internet, das einen Mann im Büro bei einer Schokopause zeigt. Er öffnet die Verpackung des Riegels, doch er beißt nicht in einen Schokoriegel, sondern in einen Affenfinger. Bei jedem Biss spritzt daraus Blut. Am Ende erscheint die Botschaft: Für die Produktion des in den Riegeln enthaltenen Palmöls wird der Lebensraum der Orang-Utans zerstört. Der Hersteller des Riegels wollte das Video löschen lassen. Die Begründung lautete, es seien mit dem Zeigen der Schokolade die Markenrechte verletzt worden. Doch im Internet greifen juristische Waffen nicht, und auch eventuell gesperrte Videos können immer wieder neu hochgeladen werden. Konsequenzen: Das Video ist nach wie vor einsehbar, der Schokoladenhersteller kündigte den Palmöllieferanten. Seine persönliche Meinung zu Schockspots präsentieren Geben Sie in eine Suchmaschine „Toscani+Benetton+Schock“ ein. Beschreiben Sie die Spots, sammeln Sie in der Gruppe Argumente für und gegen eine solche Art von Werbung, präsentieren Sie Ihre Argumente in der Klasse. Beurteilen Sie die „Antiwerbung“ in den neuen Medien an einem Beispiel: Diskutieren Sie darüber, ob die in den Videos zum Schutz der Orang-Utans gezeigte „Antiwerbung“ die „Grenzen des guten Geschmacks“ verletzt, und wenn, ob eine solche Verletzung akzeptabel ist, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Geben Sie dafür in eine Suchmaschine zum Beispiel youtube + orang-utan + greenpeace + palmöl ein. 4.4 a b Die Frau in der Werbung und die Aktionen des „Werberats“ Medienwissenschafter haben typische „Rezepte“ der Werbung im Umgang mit Frauen analysiert: 1. Frau = Sex: Die Reduktion von Frauen auf Sexualität macht Frauenkörper in der Werbung universell „einsetzbar“. 2. Frau = Produkt / Produkt = Frau: Frauen werden wie Konsumartikel behandelt, die Produkte sind wie die Frauen: schön, jung, verführerisch, unverbraucht. 3. Frau = Kinder und Haushalt: Kinder, Haushalt und das Verwöhnen des Mannes sind die liebsten Beschäftigungen der Frau. 4. Typisch Frau! Weibliche „Schwächen“ und „Laster“ werden überspitzt: Frauen sind auf männlichen Schutz angewiesen, raffiniert, unbeholfen, tratschsüchtig. Ein Slogan für ein griechisches Getränk lautet zum Beispiel so: „Glücklich leben die Zikaden, denn sie haben stumme Frauen.“ 5. Kosmetische Zwangsjacken: Sie bestehen in der permanenten Aufforderung, sich für die Männer „schön“ zu machen. 6. „Emanzipation“: Die Werbung zeigt, dass „Emanzipation“ – in Form von Auto, Kleidung, Reisen, Entscheidungen für bestimmte Produkte – gekauft werden kann. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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