Sprachräume 2, Deutsch für die AHS-Oberstufe, Schulbuch

SPRACHRAUM 13 Sprache heute 164 Textkompetenz Sprachreflexion Präpositionsvermeidung komme zwar auch bei Er- wachsenen vor, sagt Lenzhofer, „aber bei den Jugend- lichen zeichnet sich eine größere Häufigkeit ab“. Ge- legentlich werden Präpositionen auch durch regio- nalsprachlich geprägte Vorwörter ersetzt: „Gehst du morgen am Eisplatz?“ statt „Gehst du morgen zum/ auf den Eisplatz?“. Auch bei der Ankündigung einer direkten Rede übt sich die Jugend gerne inWortspar- samkeit: So heißt es häufig statt „ich habe gesagt …“, „dann hat er gesagt“ schlicht „ich so“, „er so“ . Geht ja auch und macht weniger Arbeit. Dass die syntaktische Reduktion durch Smartphone und Co gefördert wird, liegt auf der Hand. Wer schreibt in einer E-Mail oder SMS heute noch „hahaha“, wenn auch mit effizienten drei Buchstaben (höhnisch) gelacht werden kann? „LOL“ heißt das gerade noch halbwegs aktuelle Wort dafür, das längst auch die gesprochene Jugendsprache in Stadt und Land bereichert. […] Und auch wenn ein knappes „OMG!“ die zu trans- portierenden Emotionen vielleicht nicht ganz so gut auszudrücken vermag wie die altmodische Langform („Ohmein Gott!“) – ein Bekenntnis zur sprachlichen Sparsamkeit ist es allemal. In die bekannten Klagen, wonach unser schönes Deutsch im jugendlichen Mund verstümmelt werde, möchten die Grazer Forscher dezidiert nicht einstim- men. „Wir wollen empirisch abgesicherte Erkennt- nisse gewinnen, die künftig auch in den Sprachunter- richt für jene einfließen sollen, die nicht Deutsch als Muttersprache haben “, verweist Arne Ziegler auf das weitere Ziel des Projekts. „Immerhin sind die ver- schiedenen Jugendsprachen Teil der österreichischen Sprachrealität, die es zu entschlüsseln gilt.“ Anmerkung: Nominalphrase: Teil eines Satzes, dessen Kern ein Nomen ist; in diesem Fall „a zache Fressen“ 96 98 100 102 104 106 108 110 112 114 116 84 86 88 90 92 94 Texte inhaltlich erfassen und auf die eigene Erfahrung und Lebenswelt beziehen Beantworten Sie folgende Fragen: Wie heißt das Projekt, das in diesem Bericht vorgestellt wird? An welcher Universität entsteht diese Arbeit? Was finden die Forscher am Satz „Woasch eh, der hot voll a zache Fressen!“ besonders interessant, wie wird dieses Phänomen genannt? Welche Unterschiede im Zeitengebrauch der Verben bestehen zwischen Jugendlichen in der Stadt und Jugendlichen auf dem Land? Wie wird dieser Unterschied erklärt? Welche Faktoren außer der regionalen Herkunft sind noch für den Sprachgebrauch der Jugendlichen von Wichtigkeit? Welche Bedeutung hat für manche Gruppen der Dialekt? Welche Formen von der in der Jugendsprache feststellbaren Neigung zur Verringerung des „sprachlichen Aufwands“ werden angeführt, welche konkreten Beispiele liefern die Forscherinnen und Forscher? Wie nennt die Wissenschaft eine solche Reduzierung des sprachlichen Aufwands? Diskutieren Sie in der Klasse, ob die im Artikel vorgestellten Phänomene der Jugendsprache(n) auch von Ihnen verwendet werden oder Ihnen zumindest aus dem Kontakt mit anderen Jugendlichen bekannt sind. 13.6 a b „De ghean afoch olle eingsperrt!“ Manche „Stammtischsager“ sind dadurch gekennzeichnet, dass in ihnen Vereinfachendes, Ausgrenzendes und Diskriminierendes zum Ausdruck kommt. Das „Europäische Trainings- und Forschungszentrum für Menschenrechte und Demokratie“ in Graz hat in ganz Österreich auf Plakaten 24 „Stammtischsprüche“ den Artikeln der Europäischen Menschenrechtskonvention gegenübergestellt und macht damit deutlich, dass ein solcher dahingesagter Spruch nicht nur die Menschenwürde angreift, sondern auch die Menschenrechte verletzt, die in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) festgeschrieben sind. Also: „Afoch olle einsperren?“ Dazu Artikel 5 der EMRK: „Alle Menschen haben das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in bestimmten Fällen und nur auf gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden.“ Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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