Sprachräume 1, Deutsch für die AHS-Oberstufe, Schulbuch

41 Lesen Sie den folgenden Text eines Schülers und bestimmen Sie mithilfe der Kurzbeschreibungen der maturarelevanten Textsorten, um welche Textsorte es sich handelt. In dem Interview „Knochenarbeit – zehn, oˆ zwölf Stunden am Tag“ mit ZEIT ONLINE erläutert die Aktivistin Anita Cheria zunächst das für die Aus- beutung in der indischen Textilbranche verant- wortliche Sumangali-System (nach dem Ausdruck für „glückliche Braut“). Da eine Mitgiˆ vor allem auf dem Land noch vielfach erwartet werde, wür- den gezielt arme Familien angesprochen und ihnen versprochen, dass die minderjährigen Mädchen in rund fünf Jahren etwa 500 bis 800 Euro verdienen könnten. Die Familien würden dabei in dem Glau- ben gelassen, dass es ihren Kindern gut ginge. Cheria stellt dann klar, dass dies keineswegs so ist. Denn die Mädchen müssten nicht nur zwölf Stun- den arbeiten, sondern bekämen auch zu wenig Es- sen und würden unter menschenunwürdigen Ver- hältnissen leben. Die Aktivistin Gisela Burckhardt ergänzt dazu, dass die Mädchen vom Baumwollstaub, der Hitze und der schlechten Ernährung krank würden. Man be- komme die versprochene Lohnsumme aber nur, wenn man die ganze Zeit komplett abgearbeitet habe. Laut Cheria interessiere sich die Textilindustrie nur für die Lohnkosten. Als beispielweise der Bundes- staat Kerala kommunistisch regiert wurde und es dort Mindestlöhne gab, sei die Industrie in ärmere Bundesstaaten gezogen. Die Industrie würde sich immer schwächere Menschen suchen, die bislang letzten seien die Sumangali-Mädchen, die es etwa seit dem Jahr 2005 gebe. Immer mehr Menschen seien sogenannte „Hostel“-Arbeiter, würden also nicht nach Hause gehen, sondern auf dem Fabrik- gelände auch leben. Nach Cheria gehen Nichtregie- rungsorganisationen von etwa 200.000 betro¦enen Mädchen aus, die außerdem oˆ noch von ihren männlichen Vorgesetzten sexuell belästigt würden. Gisela Burckhardt meint, es sei schwer nachzuvoll- ziehen, wie viel Garn aus Sumangali-Fabriken nach Deutschland komme. Die Firmen Otto und Earns- ting‘s Family, die nachweislich Produkte mit sol- chem Garn verkauˆen, verwiesen auf ihre Mit- gliedschaˆ in der „Ethical Trading Initiative“, wo man gegen diese Missstände angehe. Den Aktivis- tinnen ist dies aber zu wenig. Sie erwarten, dass die Firmen präventiv aktiv seien und nicht zuließen, dass ihr Garn aus Sumangali-Fabriken komme. (306 Wörter) 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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