Sprachräume 1, Deutsch für die AHS-Oberstufe, Schulbuch

SPRACHRAUM 15 Abschlusstraining 170 Dumpster Diver: die in den Müll tauchen Sie essen aus dem Müll, und das aus Überzeugung: die „Dumpster Diver,“ auch „Mülltaucher“ oder „Containerer“ genannt. Sie nehmen weggeworfene Lebensmittel aus Abfallcontainern von Supermärkten, Bäckereien, Obst- und Gemüsemärkten mit, die entsorgt werden, meist weil ihr „Best-before-Datum“ abgelaufen ist. Vieles davon ist absolut essbar und makellos. Die Art und Weise, wie in unserer Gesellschaft mit Lebensmitteln umgegangen wird, hat diese Bewegung auf den Plan gerufen. Fakten, Motivationen, Erlebnisberichte, Informationen zu rechtlichen Problemen liefern die folgenden Texte, die Sie gleichzeitig zur „Abschlussüberprüfung“ Ihrer Maturatextsortenkompetenzen einladen. MIT EINER „CONTAINERIN“ UNTERWEGS Textkompetenz Maturatextsorten: Zusammenfassung, Leserbrief, Erörterung Abschlusstraining Dieser Abschlusssprachraum bietet Ihnen nochmals die Gelegenheit, Ihre Fähigkeiten für das Verfassen der drei Maturatextsorten Zusammenfassung, Leserbrief und Erörterung zu trainieren und zu überprüfen. 966m8t SPRACHRAUM 15 Daniela Herger Dumpster Diving: Menschen, die Lebensmittel aus dem Müll essen Es ist kein Geheimnis: Wir leben in einer Über uss- gesellscha , in der tonnenweise noch genießbare Le- bensmittel direkt imMüll landen. Immer mehr Men- schen werden sich dieses alltäglichen „Wahnsinns“ bewusst. Eine kleine, aber wachsende Gruppe treibt dieses Bewusstsein zum – radikalen – Handeln. Wer gesellscha skritische Filme wie „We Feed theWorld“ oder „Taste the Waste“ gesehen hat, ist sich bewusst: Wir leben im Über uss. Lebensmittel im Wert von 400 Euro schmeißt ein Durchschnittsösterreicher im Jahr weg. Tonnenweise Lebensmittel, die noch ge- nießbar sind, landen aus den Supermarktregalen di- rekt imMüll. Immer mehrWienerinnen undWiener ziehen die Konsequenzen daraus – und holen sich, was sie täglich brauchen, aus dem Mistkübel. Wie lebt man, wenn man Dumpster Diving betreibt? Wir haben eine „Containerin“ persönlich befragt. Heidi L. ist Anfang 30, hat ein abgeschlossenes Studi- um, arbeitet Vollzeit. Sie isst gerne gut, geht o ins Restaurant. Früher gab sie nach eigenen Angaben für sich selbst proMonat rund 200 Euro für Lebensmittel aus. Geld, das ihr heute fast zur Gänze für andere Dinge bleibt. Denn heute geht Heidi L. „dumpstern“. „Mistkübelstierln“, wie es der Wiener nennt, ist nicht gerade etwas, das sozial hoch im Kurs steht. Doch immer mehr Menschen šnden „Geschmack“ daran. Und es sind keineswegs in erster Linie sozial schwa- che Menschen, die sich für Dumpster Diving ent- scheiden, weil sie es müssen, um zu überleben – eher betreiben das „Mülltonnentauchen“ jene, die sich gegen eine Gesellscha der Verschwendung und des Über usses au ehnen und auf diese Missstände auf- merksam machen wollen. Für Heidi L., die sich mit den žemen täglicher Über uss und Verschwendung eingehend beschäf- tigte, gab es einen Schlüsselmoment: „Je mehr man darüber erfährt, desto klarer wird: Das ist so ein Wahnsinn, was wir in unserer Konsumgesellscha betreiben, was wir verbraten, was wir wegschmeißen, wie egoistisch wir sind, dass es selbstverständlich ist, jederzeit jedes Lebensmittel zur Verfügung zu haben. Da ist mir bewusst geworden: Wenn ich will, dass die Welt anders wird, muss ich selber damit anfangen. “ Die Hemmschwelle zum als grauslich empfundenen Dumpstern zu überwinden, mag schwierig sein – der Weg zum Dumpster Diving dagegen ist es nicht. Je- der kennt den „Postlerschlüssel“ für Gegensprechan- lagen, den auch diverse Privatpersonen besitzen. Analog dazu sind Generalschlüssel erhältlich, mit denen man sich Zutritt zu den Müllräumen der Su- 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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