Sprachräume 1, Deutsch für die AHS-Oberstufe, Schulbuch

SPRACHRAUM 13 Die Antike 150 Textkompetenz Mündliche Kompetenz Literarische Bildung Thematisch verwandte Texte vorstellen Das Thema „Rache der Götter“ ist in den antiken Mythen weit verbreitet. Informieren Sie sich, zum Beispiel in Kleingruppen, über einen der folgenden „Rachefälle“ und präsentieren Sie Ihre Ergebnisse mündlich in der Klasse: Tantalus, Sisyphos, Niobe, Marsyas, Aktaion, Narcissus, Echo, Arachne. 13.3 Einen antiken Prometheus-Text mit einem modernen Text über Prometheus inhaltlich vergleichen Welche neuen Einzelheiten erfindet der Autor? Was hat sich bei Müller in der Darstellung und Bewertung des Prometheus gegenüber dem antiken Text verändert? 13.4 Text 2: Prometheus modern – Aus: Heiner Müller: Zement (1973) – in Originalschreibung Text 3 Prometheus […] wurde im Au™rag der Götter von He- phaistos dem Schmied an den Kaukasus befestigt, wo ein hundsköp…ger Adler täglich von seiner immer- wachsenden Leber aß. Der Adler […] entleerte sich auch über ihn. Der Kot war seine Nahrung. Er gab ihn, verwandelt in eigenen Kot, an den Stein unter sich wei- ter, so dass, als nach dreitausend Jahren Herakles, sein Befreier, das menschenleere Gebirge erstieg, er den Gefesselten zwar schon aus großer Entfernung ausma- chen konnte, weißschimmernd von Vogelkot, aber, zu- rückgeworfen immer wieder von der Mauer aus Ge- stank, weitere dreitausend Jahre lang das Massiv um- kreiste, während der Hundsköp…ge weiter die Leber des Gefesselten aß und ihn mit seinemKot ernährte, so dass der Gestank zunahm in dem gleichen Maße wie der Befreier sich an ihn gewöhnte. Endlich, von einem Regen begünstigt, der fün¥undert Jahre anhielt, konn- te Herakles sich auf Schußweite nähern. […] Der dritte Pfeil verletzte den Gefesselten leicht am linken Fuß, der vierte tötete den Adler. Prometheus, wird erzählt, weinte laut um den Vogel, seinen einzigen Gefährten in dreitausend Jahren und Ernährer in zweimal drei- tausend. […] Herakles, der sich vor Ekel krümmte, suchte währenddem die Fesseln, mit denen der Toben- de an seinem Gefängnis befestigt war. Zeit, Wetter und Kot hatten Fleisch und Metall voneinander ununter- scheidbar gemacht. Gelockert durch die he™igeren Be- wegungen des Gefesselten wurden sie kenntlich. Es stellte sich heraus, dass sie von Rost zerfressen waren. […] Leicht hätte sich Prometheus selbst befreien kön- nen, wenn er den Adler nicht gefürchtet hätte, waŸen- los und erschöp™ von den Jahrtausenden wie er war. Dass er die Freiheit mehr gefürchtet hat als den Vogel, zeigt sein Verhalten bei der Befreiung. Brüllend und geifernd, mit Zähnen und Klauen, verteidigte er seine Ketten gegen den ZugriŸ des Befreiers. […] Noch als er schon wieder aufrecht gehen konnte, sperrte er sich gegen den Abstieg wie ein Schauspieler, der seine Büh- ne nicht verlassen will. Herakles mußte ihn auf den Schultern vom Gebirge schleppen. 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 Ann Gibbons: Feuer, warmes Essen und Hirn- Wachstum – Aus dem Topf in den Kopf (2010) An einem kalten Winterabend vor zehn Jahren lag Richard Wrangham vor dem Kamin in seinem Haus in Boston. Die Flammen trugen seine Gedanken zu den ersten Vorfahren des Menschen, die ein solches Feuer zumKochen benutzt hatten. Er stellte sich eine kleine Gruppe Homo erectus vor, die um ein Lager- feuer in Afrika kauerte und das Bein eines Gnus rös- tete und versengte Stücke Knollenfrüchte teilte. Als gesichert gilt beimderzeitigen Forschungsstand, dass Homo erectus als erster die Beherrschung des Feuers lernte, was eine unter allen Lebewesen exklusive Fä- higkeit der Gattung Homo ist. Kochen ist also eine der wenigen Tätigkeiten, die nur der Mensch nutzt. Wrangham wusste auch, dass die Vorverdauung des Essens beim Kochen demMenschen hil™, beim Ver- dauen Energie zu sparen. Und plötzlich erkannte er, dass das Kochen den Vormenschen einen großen Evolutionsvorteil verscha§haben könnte. Es ermög- lichte seiner¨eorie zufolge das dramatischeWachs- tum des Gehirns. Für Wrangham liegt im Kochtopf die Antwort auf ein großes Rätsel der menschlichen Entwicklung: Woher nahmen die Menschen die Energie, um sich große Gehirne leisten zu können? Das zentrale Nervensystem von Homo sapiens ist unersättlich. Beim ruhigen Neugeborenen ver- braucht das Gehirn 60 Prozent der Energie. Beim Erwachsenen sind es 25 Prozent; AŸen betreiben ihre Gehirne mit etwa acht Prozent der aufgenommenen Energie. Insgesamt aber verbrauchen Menschen nicht mehr Kalorien als vergleichbare Tiere. […] Menschen sparten Energie, indem sie ihren Verdau- ungstrakt verkleinerten, sobald sie auf eine höher- 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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