Sprachräume 1, Deutsch für die AHS-Oberstufe, Schulbuch

131 Mündliche Kompetenz Literarische Bildung hast du den Brief an mich geschrieben? Warum nicht an deinen Vater? Du bist doch wegen deines Vaters weg, nicht wahr? Das hast du doch geschrieben! Weil er so ein brutaler Mensch ist! Ein Polizist eben! Und ein Säufer! Seit du weg bist, ist es ganz aus! Jeden Tag besäu• er sich! Jeden Tag! […] Ach, Michi, du! Warum bist du weg? Warum bist du weg? Ich war doch immer für dich da! Immer! Aber man muss doch auch Rücksicht nehmen! Hast du das getan? Hast du das getan? Nein, das hast du nicht! Nie hast du das! Hast uns gequält mit deiner Rücksichtslosigkeit! Mit sechzehn schon in die Stadt, die Nächte durch! Und deine Frisur! Deine Frisur! Ich hab dich auf den Knien gebeten. Ich bin die Tochter eines Arztes, die Frau eines Polizisten! Das geht doch nicht! So eine Frisur geht doch nicht! Noch nie hat in diesem Dorf jemand so eine Frisur gehabt wie du! Mit Farben drin! Mit Farben drin! Das kann man in der Stadt machen, aber doch nicht bei uns! Jetzt hast du ja keine Farben mehr drin, ich sehs, ich danke dir. Du wirst dich schon anpassen. Du wirst dich schon anpassen! Hauptsache, du bist wieder da! […] Ach du, mein liebster Sohn, ich hab so gelitten! Ich hab so gelitten! Was du mir alles an den Kopf geworfen hast! […] Dass ich dich erdrückt hätte! Dass du erstickt wärst an mir! Wie kann man sowas schreiben? Wie kann man sowas nur schreiben? Das war doch Liebe, Michi, nur Liebe! Liebe! Mike reißt sich los. MIKE: (schreit) Hör auf! 12 14 16 18 20 22 24 26 Analysieren Sie den Höhepunkt von „Heim“! Erschließen Sie aus den Vorwürfen Hermanns und Hildes an Mike dessen „Vorgeschichte“! Fassen Sie den Inhalt der Dialogabschnitte zusammen! Wer dominiert das Gespräch? Beachten Sie dazu, wer welche Satzarten verwendet (Ausrufsätze, Befehlssätze, Aussagesätze), wer wie viel sagen darf, wem Sätze befohlen werden und eine eigene Sprache verwehrt wird. Beschreiben Sie, an welcher Stelle die Kommunikation durch Sprache durch körperliche „Kommunikation“ ersetzt wird? Was verändert sich an dieser Stelle in Mike? Analysieren Sie, was Hildes Rede von den Sprechakten der übrigen Personen unterscheidet. 11.7 a b c d Die Katastrophe Mitterers „HEIM“ folgt recht genau dem klassischen Bauplan des Dramas: Exposition, Peripetie, Katastrophe. Als retardierende (verlangsamende) Momente treten Personen auf, welche die Katastrophe verzögern, wie Mikes Mutter Hilde, die ihren Sohn bei sich behalten möchte. Doch die Katastrophe ist unausweichlich. Mike, dem Günther die Handschellen abgenommen hat, hat kein „Heim“ mehr finden können. MIKE (zu Hermann): I kann mi schon erinnern, wie du mir des Pfeiferl gschnitzt hast. – (Langsam) I wollt eigentlich wirklich wieder heim. Irgendwann. – Und jetzt is alles nur noch schlimmer. Hermann reagiert nicht, Mike geht zu Nina und an ihr vorbei zur Leiter. NINA: (fertig) Tut mir leid, Mike! Entschuldige! Ich weiß, ich hab das alles provoziert! Mike steigt die Leiter hinauf, Nina folgt ihm […] . HILDE: Michi! Ich bitte dich! Geh nicht weg! Bleib bei mir! Was soll ich tun ohne dich? […] HERMANN: Wo is der Michi? Wo is mei Bua? GÜNTHER: Weg is er! HERMANN: Er soll bleiben! Er soll doch bleiben! GÜNTHER: Vergiss ihn, Mensch! Der is fertig mit dir! […] HERMANN: I hab alles falsch gmacht! Alles! […] STIMME HERMANN (schreit): Michi! […] Eine Autotür schlägt zu, eine zweite wird aufgemacht. […] Die Autotür schlägt zu, Motor wird gestartet, Scheinwerfer gehen an. […] Das Gendarmerieauto wendet, fährt weg, entfernt sich. ENDE 2 4 6 8 10 12 14 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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