Zeitbilder 8, Schülerbuch

Globaler Führungsanspruch der US-Politik Nach dem Ende des Kalten Krieges (1990/91) erhoben sowohl Präsident George W. Bush sen. als auch sein Nachfolger Bill Clinton den Anspruch, die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wertvorstellungen der USA weltweit durchzusetzen. Präsident Bush bezeichnete im Jahr 1992 die Veränderungen der letzten Jahre als von „nahezu biblischem Ausmaß“; Amerika habe den Kalten Krieg und den Kampf gegen den Kommunismus durch die „Gnade Gottes“ gewonnen: „Eine einstmals in zwei bewaffnete Lager geteilte Welt erkennt heute die einzige und überragende Macht an: die Vereinigten Staaten von Amerika.“ Bill Clinton, Bushs Nachfolger ab 1993, hat dieses Selbstverständnis der politischen Führung der USA wiederholt bestätigt. Der Historiker Andreas Rödder beschreibt die weltpolitische Situation der 1990er Jahre aus der Sicht der USA unter dem Titel „Ein seltsamer Hegemon“ folgendermaßen: L Nach Ende des Kalten Krieges verfügten die USA über einzigartige und unangefochtene Macht. Die Frage war, ob die USA eine aktive globale Führungsrolle spielen und ihre Macht aktiv ausüben oder sich auf die eigenen Belange zurückziehen und ihre Politik international einbetten sollten. (…) Sie erwiesen sich im Golfkrieg von 1991 und mit den cruise-missile-Einsätzen gegen den Irak oder mit dem Eingreifen auf dem Balkan 1995 militärisch als unbesiegbar überlegen. Diese Erfahrung und das damit verbundene Selbstbewusstsein beförderten einen zunehmenden Unilateralismus, nicht zuletzt im Verhältnis zu Russland. Zur Jahrtausendwende standen die USA im Zenit ihrer globalen Dominanz – und waren zugleich eine „Supermacht ohne Mission“. Zugleich wurde bereits unter der Präsidentschaft Clintons das Konzept der „Schurkenstaaten“ (rogue states) entwickelt, das mit der Orientierung gegen den islamischen Fundamentalismus einherging. Die Agenda der Regierung George W. Bush jr. war mithin vorbereitet. (Rödder, 21.0: Eine kurze Geschichte der Gegenwart, 2016, S. 351) Der 11. September 2001 und seine Folgen Die von Al-Qaida durchgeführten Terroranschläge von New York und Washington am 11. September 2001 erschütterten das Selbstbewusstsein der USA. Nun wurden die innere Sicherheit (Gründung eines Departments of Homeland Security) und der Krieg gegen den Terrorismus zu beherrschenden Themen. L „Wir befinden uns im Krieg“, verkündete US-Präsident George W. Bush. Das Problem war, dass der Gegner, die Attentäter und das Terrornetzwerk AlQaida, keine Regierung als vielmehr der Inbegriff der „asymmetrischen Kriegsführung“ war. Die Lösung lag in der Gleichsetzung von Terroristen und denen, die ihnen Unterschlupf boten und sie unterstützten. Noch am selben Tag wurden fünf Staaten identifiziert: der Irak, Afghanistan, Libyen, der Sudan und der Iran. Unter dem Schock des 11. September gingen die USA, nachdem sie in den neunziger Jahren zwischen Dominanz und Einbindung geschwankt hatten, zu einem erheblich resoluteren internationalen Auftreten über. Für den „Krieg gegen den Terror“ nahm die US-Regierung das Recht zu Präventivschlägen in Anspruch, um Bedrohungen durch „Schurkenstaaten“ und Terroristen zuvorzukommen (…). (…) Der erste „Schurkenstaat“, gegen den sich der war on terror richtete, war Afghanistan. (Rödder, 21.0: Eine kurze Geschichte der Gegenwart, 2016, S. 352) Während es 2001 für den Krieg gegen das Taliban-Regime in Afghanistan noch eine Legitimation durch die UNO gab (Resolution 1373), fehlte eine solche beim Angriff auf den Irak, dem zweiten so genannten „Schurkenstaat“, im März 2003. Mit Obama ein neuer Anfang? 2008 wurde mit Barack Obama erstmals ein Afroamerikaner zum 44. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. Zwei seiner Slogans im Wahlkampf hatten gelautet: „Yes, we can“ und „Change“. Mit „change“ meinte der neue Präsident grundlegende Reformen im Inneren und eine neue Außenpolitik. Obama stellte die Beendigung der Militärpräsenz im Irak sowie das Ende des Krieges in Afghanistan in Aussicht. Doch die Truppen gegen Afghanistan wurden sogar aufgestockt. 2011 erfolgte die gezielte Tötung des Anführers von Al-Qaida, Osama bin Laden, durch ein Spezialkommando der US-Armee. Die darauffolgende Politik der USA förderte im Irak die Entstehung einer neuen Terrorgruppe, des „Islamischen Staates“ (IS). Zu seiner Bekämpfung wurden nun amerikanische Spezialeinheiten in den Irak verlegt. Damit betonten die USA ihre neue Strategie der Kriegsführung: Reguläre Truppen werden abgezogen und stattdessen Spezialeinheiten entsendet. Innenpolitisch versprach Obama vor allem eine Verbesserung der Krankenversicherung und die Schließung des Straflagers in Guantanamo. Während er bei der Umsetzung einer erweiterten Krankenversicherung mit Abstrichen erfolgreich war, blieb das Straflager in Guantanamo bestehen. Noch immer Einwanderungsland? Bis heute versuchen jährlich zehntausende Menschen in die USA einzuwandern. Ein besonderes Problem stellen die von den staatlichen Behörden nicht registrierten Immigrantinnen und Immigranten dar. Geschätzte 11,5 Mio. lebten nach einem Bericht der Zeitschrift „Time“ im Jahr 2012 in den USA. Ihre größte Befürchtung ist es, deportiert zu werden. So mussten in den Jahren 2000 bis 2011 rund 2,8 Mio. dieser Menschen die USA wieder verlassen. 98 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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