Zeitbilder 8, Schülerbuch

diesem Teufelskreis der Armut summierte sich in den Befürchtungen dieses Mannes: Die Armut zwingt die Kinder aus der Schule und zerstört ihnen damit ihre beste Chance, der Armut der Väter zu entrinnen. (Johnson, Meine Jahre im Weißen Haus, 1972, S. 83) Der „Feldzug gegen die Armut“ brachte Erfolge. Innerhalb weniger Jahre sank die Zahl der Menschen, die an der Armutsgrenze lebten, von rund 35 Millionen auf 10 Millionen. Die finanziellen Mittel für sozialpolitische Maßnahmen wurden allerdings bald knapp. Denn vor allem der Krieg in Vietnam verschlang Unsummen. Bürgerrechtsbewegung, Protest und Gewalt Bis zum Zweiten Weltkrieg herrschte in den USA eine klare Rassentrennung zwischen Weiß und Schwarz, vor allem in den Südstaaten. Während des Krieges geriet diese Haltung zunehmend ins Wanken, da die Schwarzen genauso für die USA kämpften wie die Weißen. 1948 hob Präsident Truman die Rassentrennung in allen staatlichen Behörden und Einrichtungen auf. 1954 beschloss der Oberste Gerichtshof die Aufhebung der Rassentrennung in den Schulen. Ein großer Teil der weißen Bevölkerung wehrte sich dagegen, vor allem gegen den Zutritt der Schwarzen zu den Schulen. Dies führte Ende der 1950er Jahre besonders im Süden der USA zu schweren Unruhen. Gleichzeitig entwickelte sich aber auch eine gewaltlose Bürgerrechtsbewegung, die von Schwarzen und vielen Weißen gemeinsam getragen wurde. Ihr bekanntester Repräsentant war der schwarze Pfarrer Martin Luther King, der 1964 den Friedensnobelpreis erhielt. Neue Gesetze der Regierung Johnson verboten die Rassentrennung im gesamten öffentlichen Leben. Militante Gruppen („Black Panther“, „Black Muslims“) sagten sich von den Zielen der Bürgerrechtsbewegung los und lehnten die Integration in die Gesellschaft ab. Mitte der 1960er Jahre kam es in vielen Großstädten wieder zu schweren Unruhen: L In ihrem 1968 veröffentlichten Bericht kritisierte die (von Präsident Johnson eingerichtete) Kommission nicht nur die militanten Schwarzen, sondern auch die Polizei als Verursacher vieler Übergriffe. Die Hauptursache sei jedoch der weiße Rassismus, der das Leben in Amerika durchdringe. Wie zur Bestätigung des Untersuchungsergebnisses wurde Martin Luther King (…) im April 1968 von einem Weißen erschossen. (Wynn, Die 1960er Jahre, 1984, S. 416) Aufgrund der Erfolge der Bürgerrechtsbewegung verringerten sich die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen schwarzen und weißen US-Bürgerinnen und USBürgern. In vielen Bereichen blieben jedoch die Ungleichheiten und zahlreiche Rassismen (z.B. Polizeiübergriffe, Verurteilungen) bestehen. Zur allgemeinen politischen Radikalisierung trug auch der Vietnam-Krieg bei. In Vietnam standen Schwarze neben Weißen im Krieg. Zu Hause in den USA hingegen sollten sie nicht gleichberechtigt sein? Der Krieg in Vietnam (1965–1973) führte darüber hinaus zu massiven Jugend- und Studentenprotesten. Zehntausende Amerikaner starben in Vietnam oder kehrten versehrt, krank oder drogensüchtig zurück. Die brutale Vorgangsweise gegenüber der Zivilbevölkerung, die täglich im Fernsehen zu sehen war, sowie die Halbwahrheiten der amtlichen Meldungen über das tatsächliche Kriegsgeschehen führten zu Protesten. Junge Männer zerrissen ihre Einberufungsbefehle und flüchteten ins Ausland. Eine tiefe Spaltung durchzog die amerikanische Gesellschaft. In den frühen 1970er Jahren ließen die inneren Unruhen wieder nach, doch das „Trauma Vietnam“ hielt an. Die indigene Bevölkerung Nach der Gründung der „American Indian Movement“ (1968) stufte die Regierung die indigene Bevölkerung als die am stärksten benachteiligte Minderheit ein. 1970 lebten innerhalb und außerhalb der 244 Reservationen rund 800 000 indigene Personen. Im Jahr 2000 wurden 2,47 Mio. Native Americans gezählt. Wohl wurden Projekte zur Verbesserung ihrer Lebenslage gestartet, doch die Mittel dafür waren gering. So kam es bereits 1975 bei Wounded Knee – einem historischen Ort des Krieges gegen die indigene Bevölkerung im 19. Jh. – zu einem vergeblichen Aufstand gegen dieses Elend. Seither wird versucht, Rechte auf dem Klageweg einzufordern. Im Jahr 2009 endete ein 13-jähriger Rechtsstreit zwischen der US-Regierung und Gruppen der indigenen Bevölkerung. Dabei erhielten die Kläger ca. 3,4 Mrd. Dollar als Abgeltung für beschlagnahmtes Land zugesprochen. Im Jahr 2012 kündigte die US-Regierung an, die Native Americans mit einer weiteren Milliarde Dollar zu entschädigen. Trotz dieser Entschädigungen protestieren diese immer wieder gegen Beschränkungen ihrer Freiheits- oder Eigentumsrechte. Recherchiere im Internet Aktuelles zur Situation der Native Americans in den USA. Mehrfacher politischer Richtungswechsel Die Unruhen der 1960er Jahre lösten eine starke konservative Gegenströmung aus. Durch sie gelangte 1968 und 1972 der Republikaner Richard Nixon zur Präsidentschaft. 1974 wurde bekannt, dass im Wahlkampf 1972 in das Wahlkampfzentrum der Demokraten im WatergateGebäude in Washington eingebrochen worden war. Die Auftraggeber standen mit den engsten Mitarbeitern Nixons in Verbindung (Watergate-Skandal). Der Präsident trat daraufhin zurück. Mit der Wahl des Demokraten Jimmy Carter zum Präsidenten (1976) weckte die amerikanische Außenpolitik Hoffnungen auf eine internationale Entspannung. Doch 1979 marschierten sowjetische Truppen in Afghanistan ein. In der iranischen Hauptstadt Teheran stürmten Anhänger des Revolutionsführers Khomeini die Botschaft der USA und nahmen das Personal als Geiseln. All dies trug dazu bei, dass Carter 1980 die Wahlen gegen den Republikaner Ronald Reagan verlor. Mit ihm begann die konservative Wende. Die Rüstungsausgaben wurden erheblich gesteigert. Dies zwang die Sowjetunion in einen Rüstungswettlauf, der sie wirtschaftlich und schließlich auch politisch ruinierte. Internationale Politik der Gegenwart 97 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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