sein muss. Ob dies der Fall ist, entscheiden die Zuhörer oder Leser. 3. Es stellt sich nun die gesellschaftliche Aufgabe, Kommunikationsformen zu finden, an denen möglichst viele Diskursteilnehmer gleichberechtigt teilnehmen können. Das ist ein Ideal, das auf Grund unterschiedlicher Bildungsvoraussetzungen nicht zu realisieren ist. Wenn sich Bürger allerdings zu Interessengruppen zusammenschließen und dort rhetorisch begabte Mitstreiter finden, erhöhen sich die Chancen, gesamtgesellschaftlich (d. h. zum Beispiel in Medien) Gehör zu finden, also die eigene Position darlegen zu können. (…) 5. (...) „An der Sprache erkennst Du die Denke.“ Diese Sentenz verweist darauf, dass ein bestimmter Sprachgebrauch Erkennungszeichen für eine bestimmte Denkhaltung sein kann. Im Kontext politischer Auseinandersetzung hat sich (…) beispielsweise herausgeschält, dass Gentechnik-Befürworter den Ausdruck „Genveränderung“ vorziehen, während Gentechnik-Gegner von „Genmanipulation“ sprechen. Die Gegner wollen die abwertende Konnotation (= Nebenbedeutung) des Manipulationsbegriffs zur klaren Herausstellung ihrer Position nutzbar machen, während die Befürworter das gemeinsprachlich nicht vorbelastete Wort „Veränderung“ gebrauchen. Somit kann ein Streit um die Sache auch eine Auseinandersetzung um die angemessene Benennung beinhalten (…). (Felder, Sprache und Politik. Online auf: http://www.bpb.de/politik/ grundfragen/sprache-und-politik/42737/einstieg?p=all, 9. 9. 2018) Empfehlungen deutscher Jugendlicher für eine gut verständliche und kommunikationsfördernde politische Sprache –– Fremdwörter durch einfachere Begriffe ersetzen –– Statt beschönigender Kunstwörter angemessene Darstellung der Tatsachen –– Rhetorische Floskeln durch klare, verbindliche Aussagen ersetzen –– Fachsprache nur in Fachkreisen nutzen –– In Bildern und Metaphern sprechen –– Kurze Sätze ohne Verschachtelungen bilden ––Überzeugungen in Reden lebhafter und glaubhafter vermitteln, z. B. indem frei gesprochen wird (Ergebnisse einer Umfrage der Friedrich-Ebert-Stiftung unter 30000 deutschen Jugendlichen im Jahr 2011, zusammengefasst nach: polis aktuell, Nr. 1, 2015, S. 21). Fragen und Arbeitsaufträge 1. Erläutere, auch mit Hilfe des Autorentextes und der Quelle des Sprachwissenschaftlers Felder, welche Zusammenhänge es zwischen Sprache und Ideologie gibt. 2. Diskutiert, ob ihr die Empfehlungen aus der Umfrage teilt bzw. welche Empfehlungen ihr den Politikerinnen und Politikern in Hinblick auf eine verständliche Sprachverwendung geben würdet. Kampf um Wörter In Demokratien ringen Parteien und Interessensgruppen darum, ihre Werte und Programme durchzusetzen. Der politische Wettbewerb ist auch ein Kampf um Wörter: Wer Begriffe neu besetzt und mit eigenen Inhalten füllt, kann seine politischen Ideen bekannt machen und erhöht seine Chancen, diese umsetzen zu können. Im öffentlichen Diskurs wird daher häufig über die „richtige“, „angemessene“, „objektive“ Bedeutung eines Ausdruckes diskutiert. So erhalten bestimmte Begriffe, je nach ideologischer Ausrichtung, eine positive oder negative Bedeutung. Man spricht daher auch von „Bezeichnungskonkurrenz“. Entscheidend dabei ist, wer einen Ausdruck mit welcher Absicht und mit welchen Vorstellungen verwendet. Grafik: nach Heiko Girnth / 3pc Quelle: Bundesagentur für Arbeit Lizenz: Creative Commons by-nc-nd/2.0/de Bundeszentrale für politische Bildung, 2010, www.bpb.de Beispiele für Bezeichnungskonkurrenz Kernenergie Atomkraft Mission Krieg genveränderter Mais genmanipulierter Mais Einheitsschule Gemeinschaftsschule Analysiere das Schaubild in Hinblick auf die unterschiedlichen Bedeutungen der Bezeichnungen. Erläutere die Bezeichnungskonkurrenz der Begriffe „Freiheitskämpfer“ und „Terrorist“, „Steueranpassung“ und „Steuererhöhung“, „Friedenseinsatz“ und „Militäraktion“. Ideologie und Sprache Alle sprachlichen Äußerungen sind mit Begriffen verbunden, die auch Vorstellungen und Wertungen transportieren. Es gibt daher keine ideologiefreie Sprache. Der deutsche Sprachwissenschaftler Ekkehard Felder schreibt über Sprache und Ideologie: 1. In einer politisch strittigen Angelegenheit kann es keine letztinstanzliche (= absolute) Wahrheit geben. Jede inhaltliche Position ist in einem weltanschaulichen und kulturellen Ideengebäude verortet. (…). Fest steht nur: Sprache ist kein neutrales Medium! Eine politisch-inhaltliche Auseinandersetzung korrespondiert oft mit einem Streit um Worte, also um angemessene Bezeichnungen für die Sache. 2. Wer von einer bestimmten Position überzeugt ist (und sie gegebenenfalls für die Wahrheit hält), muss seine Mitbürger davon überzeugen. Dabei ist zu beachten, dass schon die Wortwahl (…) eine bestimmte politische Verortung signalisieren kann. Das ist insofern kein Problem, als die Ausdrucksweise lediglich angemessen, die Argumentation jedoch plausibel Medien und Mediendemokratie 87 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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