In den letzten Jahren sind bestimmte digitale Erscheinungen und Entwicklungen kritisiert bzw. kontrovers diskutiert worden. „Big Data“, Algorithmen und Datenmissbrauch Ohne dass uns das immer bewusst ist, beeinflussen Algorithmen heute unseren Alltag: Sie zeigen uns am „Navi“ den kürzesten Weg, schlagen Userinnen und Usern „passende“ Partnerinnen und Partner beim Online-Dating vor und empfehlen „speziell für dich“ Jeans. Soziale Netzwerke, Internet-Suchmaschinen (z. B. Google), Online-Dienste (z. B. Netflix, Amazon) und News-Seiten verwenden Algorithmen. Sie erleichtern zwar unser Leben, mit ihrer Hilfe kann aber auch unser Verhalten erforscht werden. Die Anzahl der gesammelten Daten von Userinnen und Usern ist stark angestiegen. Man spricht von „Big Data“ bzw. von „Data Mining“: Riesige Datenmengen können mit Hilfe von Algorithmen nach Zusammenhängen und Mustern analysiert und ausgewertet werden. Folgen von „Filterblasen“ und „Echokammern“ L (…) Algorithmen bewirken, dass einem immer mehr vom „Gleichen“ angezeigt wird. Bei sozialen Netzwerken wie „Facebook“ ist dieses Phänomen besonders stark zu beobachten, wo sich sogenannte Echokammern bilden, in denen die eigene Meinung ständig bestätigt wird. Ebenso bekannt ist in diesem Zusammenhang der Begriff der „Filterbubbles“, also Filterblasen (…). NutzerInnen wählen ihre Kontakte und die Personen beziehungsweise Seiten, denen sie folgen, selbst aus (…), d. h., wir folgen meist jenen Personen, die uns ähnlich sind und unsere Interessen und Ansichten teilen (…). Das kann zur Überzeugung führen, dass es sich bei der eigenen Haltung um eine Mehrheitsmeinung handelt. (…) Unternehmen haben ein Interesse daran, Daten über ihre NutzerInnen zu sammeln, um diese gegenüber Werbetreibenden entsprechend vermarkten zu können (…). Die Algorithmen von „Facebook“ sind zwar nicht transparent, offensichtlich ist aber, dass Beiträge mit vielen Interaktionen (Likes, Kommentare, Teilen) besser sichtbar werden, d. h., dass emotionale Beiträge, die viele Reaktionen auslösen, bevorzugt werden. Das Ziel dahinter ist, dass UserInnen möglichst lange auf „Facebook“ bleiben und so möglichst viel Werbung angezeigt bekommen. (Kapfer, Urban, Wie das Netz tickt. In: Diendorfer, Kapfer u. a. (Hg.), Virtuelle Agora und digitale Zivilcourage, Demokratiezentrum Wien, 2017, S. 5 f.) Einige Medienexperten befürchten, dass Algorithmen immer mehr Kontrolle über Menschen und ihre Einstellungen übernehmen könnten. Auch wegen Datenmissbrauchs werden Internet-Unternehmen immer wieder kritisiert. So war z.B. Facebook 2018 von einem Datenskandal betroffen: Eine Analysefirma hatte sich die Daten von 87 Millionen FacebookNutzerinnen und -Nutzern unerlaubt gesichert. Sie soll diese mit dem Ziel ausgewertet haben, Wählerentscheidungen zu beeinflussen. Aufgrund der zahlreichen „Datenlecks“ fordern viele Menschen von den Social-Media-Konzernen mehr Transparenz. Auch erwarten viele schärfere Gesetze von Seiten der Politik. Datenauswertung – Gefahr oder Chance? Q (…) Ein Teilaspekt von Big Data ist, dass man Daten zunächst ohne einen Zweck sammelt und im Nachhinein versucht festzustellen, ob die Informationen helfen vorherzusagen, welche Produkte Sie kaufen oder für welche Artikel Sie sich interessieren. Man hat in den 1990er-Jahren und Anfang 2000 angenommen, dass alles gut ist, wenn wir unsere Daten schützen – das ist aber nur ein Teil der Geschichte. Selbst Daten, die für sich genommen völlig harmlos sind, bergen eine ganze Menge Potenzial, etwas über uns abzuleiten, wenn sie miteinander verbunden werden. Welche Informationen lassen sich aus Daten gewinnen, die für sich genommen belanglos sind? Eine Studie in den USA hat gezeigt, dass man bei manchen Menschen die sexuelle Orientierung aus den Facebook-Daten herauslesen kann, auch wenn diese Person das nicht bekannt gegeben hat. Dies geht über die Freundschaften zu jenen, die mit dieser Information freigiebiger sind. Man kann über unser Einkaufsverhalten herauskriegen, in welcher Zeitzone wir uns befinden und ob wir Impulskäufer sind oder nicht. Man weiß ziemlich schnell, wie viel Geld wir wahrscheinlich zur Verfügung haben, wie alt wir sind, wie viele Kinder wir haben, (…) diese Informationen lassen sich relativ leicht mit Einkaufs- und Mediennutzungsdaten herausbekommen. (…) Bleiben wir bei den Chancen von Systemen, die auf Algorithmen basieren: Welche Anwendungen haben Sie hier im Kopf? (…) Wenn ich an die vielen Kinder denke, die zu uns geflohen sind und unsere Sprache nicht sprechen (…), würde das viele Chancen auf Inklusion und Integration bieten. (…) Über seltene Krankheiten (…) kann ein Arzt in seinem Leben (…) nicht viel lernen. Da brauchen wir Algorithmen der künstlichen Intelligenz, um Muster zu entdecken und die entsprechende Behandlung vorzuschlagen. (…) (Zweig, Dass ein Algorithmus sich nicht verrechnet … Gespräch. In: tv diskurs, 20 (4), 2016, S. 12 ff.) 2. Herausforderungen in der digitalen Welt 76 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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