Zeitbilder 8, Schülerbuch

Die Darstellungen in diesem Kapitel vermitteln dir anhand von Beispielen aus den Bereichen „Politisches Interesse“ und „Bildungspolitische Aussagen“ grundlegende Einsichten in Methoden sozialwissenschaftlicher Forschung. Du wirst unterschiedliche Formen von Skalen zur Messung von Einstellungen (hier: Interesse an Politik) kennen lernen. Im Vergleich zueinander kannst du entsprechende Vorannahmen bei der Konstruktion von Skalen erkennen, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können. Die Festlegung dessen, was als „Grundgesamtheit“ definiert wird, ist für die Gewinnung der Ergebnisse und deren Interpretation sehr bedeutsam. Wie denken junge Menschen über Politik? Was interessiert sie daran besonders? Solche und weitere Fragen bzw. Einstellungen der (jungen) Menschen zur Politik untersuchen die Sozialwissenschaften, wie Soziologie, Jugendforschung und Politikwissenschaft. Dort herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass man Einstellungen von Menschen, wie etwa das Interesse an Politik z. B. von Schülerinnen und Schülern, Studierenden oder Arbeiterinnen und Arbeitern mit bestimmten Verfahren gut erfassen kann. Dazu wurden unterschiedliche Formen von Messskalen entwickelt. Messskalen als „Rating-Skalen“: Um z. B. das Interesse an Politik zu erheben, wird oft eine Rating-­ Skala (Einschätzungs- bzw. Rang- oder Ordinalskala) mit vierstufiger Ausprägung verwendet: „sehr“, „ziemlich“, „wenig“ und „gar nicht interessiert“. Die Häufigkeit der Nennungen in den einzelnen Ausprägungs- bzw. Antwortkategorien wird in der Regel in Prozentzahlen angegeben. Unter Zugrundelegung einer solchen Skala wurde 2013 das politische Interesse junger Menschen in Österreich nach Altersgruppen erhoben. Im „7. Bericht zur Lage der Jugend in Österreich“ (2016, Teil A, S. 67) wurden folgende Ergebnisse veröffentlicht: Befragung „Politisches Interesse nach Altersgruppen“ Alter sehr interessiert ziemlich interessiert wenig interessiert gar nicht interessiert 16, 17 2% 26% 40% 33% 18 bis 21 4% 19% 50% 27% 22 bis 29 12 % 30 % 38 % 21 % Quelle: Kritzinger et. al. (2013) N = 3.266. M1 9. Die Bedeutung von Messverfahren und Datenerhebung Ein Problem bei der „Messung“ mittels einer Rating-Skala liegt darin, dass die einzelnen Werte, z. B. „sehr interessiert“, „ziemlich interessiert“ oder „wenig interessiert“ nicht eindeutig definierbar sind. D. h., es kann nicht garantiert werden, dass alle Befragten unter „ziemlich interessiert“, „wenig interessiert“ usw. das Gleiche verstehen. Auch die „Stufung“ der Rating-Skalen (z. B. vier- oder fünfstufig) ist von Bedeutung: In zwei Erhebungen A und B wurden Studierende aus dem Bereich „Sozialwesen“ zum Interesse an Politik folgendermaßen befragt (vgl. neue praxis 2/2017, S. 160): Befragung A: 146 Studierende, Frage: „Interessieren Sie sich eigentlich für Politik?“ Gar nicht recht wenig etwas ziemlich sehr 2,1 % 11,0 % 37,0 % 39,0 % 11,0 % Befragung B: 115 Studierenden, Frage: „Wie stark interessieren Sie sich für Politik?“ Gar nicht weniger mittel stark sehr stark 0,9 % 20,0 % 60,9 % 15,7 % 2,6 % Zunächst fällt die unterschiedliche allgemeine Fragestellung auf: Befragung A lässt offen, ob man sich für Politik interessiert, Befragung B hingegen drängt die Befragten möglicherweise in die Richtung eines Politikinteresses. Es fällt ihnen u. U. schwerer, „gar nicht“ zu antworten. Das Antwortverhalten wird also über die (allgemeine) Fragestellung beeinflusst. Im Unterschied zur Untersuchung von Kritzinger, Zeglovits, Oberluggauer sind in den Erhebungen A und B fünfstufige Skalen vorgegeben. Die Studierenden haben also die Möglichkeit, eine „mittlere“ Ausprägung („etwas“ bzw. „mittel“) zu wählen, sich sozusagen „auf keine Seite zu schlagen“. Eine gerade Anzahl der Stufen trennt hingegen stärker zwischen „zustimmenden“ und „ablehnenden“ Einstellungen. Als optimal erweisen sich fünf bis sieben Stufen. Die Antwortkategorien sind in A und B – wie auch in der Studie des Jugendberichts – verbal ausgedrückt. Solches wird von den Befragten meist als unterstützend wahrgenommen. Das Antwortverhalten erreicht dadurch meist eine höhere „Gültigkeit“ („Validität“). M2 50 Kompetenztraining Politische Sachkompetenz Grundprinzipien der sozialwissenschaftlichen Forschung beachten (Vollständigkeit der Datenerhebung, Eignung und Verlässlichkeit von Messverfahren, Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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