Zeitbilder 8, Schülerbuch

Der Parlamentarismus ist also gekennzeichnet vom Kampf der Parteien um die Sitze im Nationalrat und damit gleichzeitig um die Regierung(-sbeteiligung). Dieser (Wahl-)Kampf wird öffentlich und mit populären Mitteln ausgetragen (= Konkurrenz-Demokratie). Verhältniswahlrecht und Vorzugsstimmen Nationalratswahlen finden spätestens alle fünf Jahre statt. Es gilt der Grundsatz des allgemeinen, gleichen, direkten, persönlichen und geheimen Verhältniswahlrechts. Im Nationalrat sind alle jene Parteien vertreten, die entweder in einem der 43 Regionalwahlkreise ein Grundmandat oder zumindest 4 Prozent der gültigen Stimmen im gesamten Bundesgebiet bekommen haben. Grundsätzlich werden Parteilisten gewählt, auf denen die Kandidatinnen und Kandidaten der Parteien gereiht sind. Um das Prinzip der Persönlichkeitswahl zu verstärken, können die Wählerinnen und Wähler die Bewerberinnen und Bewerber innerhalb der Regional-, der Landes- und – seit 2013 – auch der Bundesparteiliste mit Hilfe von Vorzugsstimmen umreihen und so direkt in den Nationalrat wählen. Allerdings sind dazu so viele Stimmen erforderlich, dass bisher nur die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der Parteien und nicht Regionalpolitikerinnen oder -politiker ein Vorzugsstimmenmandat erringen konnten. Meist „Klubzwang“ statt „freiem Mandat“ Plenarsitzungen und Abstimmungen im „Hohen Haus“ sind öffentlich und werden seit vielen Jahren auch im ORF übertragen. Welche Haltung die Abgeordneten dabei jeweils vertreten bzw. wie sie abstimmen, das wird vorher in den vertraulichen Sitzungen der Parteien in ihren „Parlamentsklubs“ festgelegt. Obwohl die Abgeordneten grundsätzlich nur ihrem Gewissen verpflichtet sind (die Verfassung garantiert ihnen das so genannte „freie Mandat“), stimmen sie normalerweise im Sinne des „Klubzwangs“ immer geschlossen nach Parteien ab. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit finden auch die Sitzungen der vielen parlamentarischen (Unter-)Ausschüsse statt. Dort werden die einzelnen Gesetzesanträge diskutiert, verhandelt und unter Umständen auch abgeändert. Immer wieder kommt es zu Kompromissen zwischen den fachlich spezialisierten Mandataren der Parteien. Funktionen des Parlaments: Gesetzgebung … Gemäß Artikel 24 des Bundes-Verfassungsgesetzes ist das Parlament für die Gesetzgebung zuständig. Damit ist das Volk durch seine gewählten Vertreterinnen und Vertreter, also indirekt, die bestimmende Kraft im Staat – Wie ein Gesetz entsteht Die beiden „üblichen“ Wege Die beiden „seltenen“ Wege Interessen Parteien oder Verbände bringen ihre Interessen vor Regierungsmitglieder lassen Gesetzesentwurf ausarbeiten Begutachtungsverfahren: Interessenverbände nehmen direkt Einfluss auf Gesetzesentwurf (Änderungsvorschläge etc.) Ministerrat beschließt den Entwurf als Regierungsvorlage Nationalrat: Fraktionen und Ausschüsse Nationalrat: Lesungen, Abstimmungen im Plenum Bundesrat stimmt zu Parlamentarischer Raum Öffentlichkeit Parteien greifen Interessen direkt auf Initiativantrag durch mind. 5 NR-Abgeordnete Volksbegehren Initiative des Bundesrates Bundespräsident/in beurkundet das Gesetz Gegenzeichnung durch Bundeskanzler/in und Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt evtl.: Volksabstimmung (Zwentendorf; EU-Beitritt) Vorparlamentarischer Raum Aktuell beschließt der Ministerrat ca. 40 % aller Gesetze; ca. 55 % aller Gesetze entstehen durch Initiativanträge (Stand 2019). Politische und rechtliche Systeme 31 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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