Eine Demokratie nach westlichem Muster L Die Demokratie ist in Österreich formal schon dadurch garantiert, dass klare Regeln der Machtbestellung, der Machtkontrolle und der Machtablösung bestehen. Die Regierenden werden von den Regierten bestellt. (…) Die Beherrschten bestimmen selbst, wer sie auch tatsächlich beherrscht. Zumindest theoretisch bestimmen sie, nach welchen Regeln und mit welchen Zielen dies geschieht. In diesem Sinn ist Österreich eine Demokratie. In diesem Sinn gibt es freilich auch Machtverhältnisse; gibt es mächtige Gruppen und mächtige Personen. Und deshalb gibt es auch ohnmächtige Gruppen und ohnmächtige Personen. (Pelinka, Das politische System Österreichs, 1981, S. 282) Erkläre, wer die Regierenden, wer die Regierten, wer die Mächtigen, wer die Ohnmächtigen in Österreich sind. Das politische System Österreichs orientiert sich an den parlamentarischen Demokratien mit kapitalistischen Wirtschaftsformen, die sich seit dem Ersten Weltkrieg im „Westen“ herausgebildet haben: L Da gibt es auf der einen Seite ein liberal-demokratisches Subsystem, bei dem Demokratie vor allem in Form eines Parteienwettbewerbs verwirklicht wird. Der Kampf um die Stimmen entscheidet. Auf der anderen Seite gibt es ein liberal-kapitalistisches Subsystem, das in erster Linie nach ökonomischen Erfolgen ausgerichtet ist. Hier wird der Grundsatz des Privateigentums an Produktionsmitteln prinzipiell beibehalten. Und als Grundsatz gilt: Wer mehr hat, zählt auch mehr. (Pelinka, Das politische System Österreichs, 1981, S. 281 f.) Der politische Wettbewerb und sein Funktionieren sind nur in den Grundzügen durch die Verfassung(-sgesetze) geregelt. Er findet innerhalb, aber auch außerhalb der verfassungsmäßig vorgesehenen Organe statt. Österreich – Bundesstaat und EU-Mitglied Die politischen Entscheidungen werden in einem Bundesstaat wie Österreich auf verschiedenen Ebenen getroffen: Viele wichtige Entscheidungen fallen dabei in der Bundeshauptstadt Wien. Dort haben die höchsten Verfassungsorgane ihren Sitz. Politik wird auch auf der Ebene der Bundesländer und Gemeinden gemacht: Doch sind die österreichischen Landtage und Landesregierungen mit viel weniger Kompetenz (= Machtbefugnis) ausgestattet als z. B. die Bundesstaaten der USA oder die Bundesländer Deutschlands. Seit Österreichs EU-Beitritt (1995) hat das EU-Recht Vorrang vor dem nationalen Recht. Der österreichische Staat muss auch die Regeln dieses übergeordneten politischen Systems einhalten. Das schränkt den autonomen, also nationalstaatlichen Handlungsspielraum ein. Dafür hat Österreich als Mitgliedstaat die Möglichkeit zur Mitbestimmung und Mitgestaltung auf EU-Ebene. Parlament und Regierung Im Bundes-Verfassungsgesetz von 1920 wurde in Artikel 1 festgelegt: „Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus.“ Deshalb ist auch die Regierung dem Nationalrat, der direkt vom Volk gewählten Kammer des Parlaments, verantwortlich. Formell wird die Regierung von der Bundespräsidentin oder vom Bundespräsidenten ernannt. Doch die Verfassungswirklichkeit zeigt: Nur jene Parteien, die bei den Wahlen zum Nationalrat die Mehrheit der 183 Mandate erreichen, stellen im Normalfall auch die Bundesregierung (Ausnahme: eine „Minderheitsregierung“ wie 1970/71; S. 18). 1. Österreich – eine parlamentarische Demokratie Konstituierende Sitzung des Nationalrats mit Wahl des neuen Präsidiums. Foto, Wien, 9. 11. 2017. 30 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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