Zeitbilder 8, Schülerbuch

Wie tief eine Stimme ist, hängt mit der Länge der Stimmlippen zusammen. Im Schnitt messen die Stimmlippen eines Mannes um die 18 Millimeter, bei Frauen sind es dagegen nur 12 Millimeter. (Spiegel Online 2. 7. 2018. Online auf: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/claudia-neumann-bei-wm-2018-die-emanzipation-derstimme-a-1215317.html, 17. 9. 2018) Die Annahme, „laute Frauen würden nerven“, spielte auch während des US-amerikanischen Präsidentenwahlkampfs im Jahr 2016 eine Rolle: Das (die Ablehnung von „hohen und schrillen Frauenstimmen; d. A.) wusste übrigens auch das Wahlkampfteam von Hillary Clinton, das die gescheiterte Präsidentschaftskandidatin darauf getrimmt hatte, gegen Donald Trump niemals ebenso laut zurück zu plärren. Ihr wäre negativ ausgelegt worden, was wir, sozialpsychologisch gesprochen, ihm ohne Weiteres zugestehen. (derFreitag.de, 28/2018. Online auf: https://www.freitag.de/autoren/ der-freitag/die-nation-ist-ein-kerl, 17. 9. 2018). Subtile Formen des Sexismus im Alltag Obwohl sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für Frauen in den vergangenen Jahrzehnten sehr verbessert haben, sind Frauen weiterhin strukturell benachteiligt und von alltäglicher Diskriminierung betroffen. Die Formen der Benachteiligung haben sich allerdings teilweise merklich verändert. Die Professorin für Sozialpsychologie an der Universität Osnabrück, Julia Becker, definierte in diesem Zusammenhang das Konzept eines „ambivalenten Sexismus“: Ambivalenter Sexismus bezeichnet das Zusammenspiel aus Hostilem (feindlichem) Sexismus und Benevolentem (wohlwollendem) Sexismus. Hostiler Sexismus drückt sich in einer negativen Sichtweise auf Frauen aus. Er ist begründet in der Überzeugung, dass Männer ihren höheren Status verdienen und gleichzeitig gekennzeichnet durch die Furcht, diesen höheren Status durch Frauen verlieren zu können. Im Kern geht es um männliches Bedrohungserleben und die damit einhergehende Abwertung der Bedrohungsquelle: Hostile Sexisten gehen davon aus, dass Frauen das Ziel verfolgen, Macht und Kontrolle über Männer zu erlangen, entweder durch feministische Ideologie oder durch das Ausnutzen ihrer sexuellen Attraktivität. Hostiler Sexismus richtet sich daher vor allem gegen nicht-traditionelle Frauentypen wie Feministinnen und Karrierefrauen. (…) Benevolenter Sexismus erscheint hingegen im Gewand der „Ritterlichkeit“ beziehungsweise des „Kavaliertums“. Aus der subjektiven Sicht der Benevolenten Sexisten stellt er positive Überzeugungen und Verhaltensweisen gegenüber Frauen dar. Benevolent sexistisches Verhalten lässt sich beispielsweise wie folgt beobachten: Ein Mann bietet einer Frau an, eine relativ einfache Aufgabe zu übernehmen, wie das Installieren eines Computerprogramms, damit sie sich „als Frau nicht damit herumschlagen muss“. (…) Auf den ersten Blick erscheinen die drei Subfacetten (= Untertypen) freundlich, harmlos und unproblematisch: Hilfestellungen und Schutzangebote sind zunächst einmal prosoziale, positive Gesten, die eigentlich verstärkt statt verändert werden sollten. In der Tat müssen benevolente Verhaltensweisen nicht immer sexistisch motiviert sein, sie können genauso gut einfach nett gemeint sein. Benevolente Verhaltensweisen werden erst dann sexistisch, wenn sie nur für ein Geschlecht gelten und es nicht gewünscht wird, wenn Frauen sich in gleicher Art und Weise „paternalistisch“ verhalten. (Becker, Sexismus. In: Politik und Zeitgeschichte, 7. 2. 2014. Online auf: www.bpb.de/apuz/178674/subtile-erscheinungsformen-von-sexismus, 9. 9. 2018) Fragen und Arbeitsaufträge 1. Diskutiert am Beispiel Fußball das Thema „Geschlechterstereotype“. Beurteilt in diesem Zusammenhang die Rolle, die Claudia Neumann der (politischen) Bildung und dem Verständnis von Demokratie zuweist. Zieht dazu auch die Interviews mit Neumann sowie mit Zellhofer heran. 2. Stelle das Konzept des „ambivalenten Sexismus“ dar. Ziehe dazu die Literaturstelle (Becker) heran und erweitere die dort genannten Beispiele. 3. Diskutiert, welche Möglichkeiten die Politik hat, dem alltäglichen Sexismus in der Gesellschaft entgegenzutreten. Begründet eure Vorschläge. Fußball-Fans halten beim Bundesligaspiel SC Freiburg gegen Bayern München im Freiburger Schwarzwaldstadion ein Transparent gegen Sexismus hoch. Foto, 2019. Emanzipatorische Bewegungen und Gegenströmungen nach 1945 147 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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