Zeitbilder 8, Schülerbuch

„Terroristen“ oder „Freiheitskämpfer“? Die terroristischen Organisationen Al-Qaida, IS und Boko Haram versuchten bzw. versuchen mit Gewalt ideologische Ziele durchzusetzen. Dazu wird die Staatsgewalt provoziert und die Bevölkerung durch Gewalttaten und durch mediale Inszenierung eingeschüchtert. Den Menschen wird das Gefühl vermittelt, dass bei den Gewaltakten (z. B. auch in öffentlichen Verkehrsmitteln, Diskotheken, Restaurants oder auf Marktplätzen) jeder getroffen werden könnte. Einer ähnlichen Vorgangsweise bedienten sich auch die Rote Armee Fraktion (RAF) in Deutschland sowie die IRA in Nordirland. Auch die Tamil Tigers auf Sri Lanka und die Kämpfer in Tschetschenien sowie die palästinensischen Selbstmordattentäter in Israel gehen ähnlich vor. Diese Terrorgruppen übten ihre gewalttätigen Aktionen im Normalfall aber im eigenen Staat aus, während Boko Haram länderübergreifend und Al-Qaida und der IS weltweit operieren. Alle diese Terrororganisationen sehen sich selbst als Vorkämpfer für eine „gerechte Ordnung“. Daraus leiten sie die moralische Überlegenheit ab, mit der sie ihre Gewalttaten rechtfertigen: L „Terrorismus“ ist ein politischer Kampfbegriff, der in den politischen Auseinandersetzungen um die Macht strategisch eingesetzt wird. „Terrorismus“ ist ein moralisch verurteilender Begriff zur Bezeichnung bestimmter Akteure, den die so Bezeichneten in ihrer Selbstbeschreibung nicht verwenden, weil sie sich z. B. als Freiheitskämpfer sehen. (Hillebrandt, Begriff und Praxis des Terrorismus. In: Kron/Redding (Hg.): Analysen des transnationalen Terrorismus, 2007, S. 46) Um die Massen auf sich aufmerksam zu machen und den Menschen Angst einzujagen, muss Terror wirkungsvoll inszeniert werden. Dabei spielen mehrere Gesichtspunkte eine Rolle: L Der Terrorismus zeigt sich nicht nur in spektakulären Gewaltakten oder Videobotschaften der Terroristen. An seiner Inszenierung sind die Terroristen (…) ebenso beteiligt wie die politischen Strategen, die wissenschaftlichen Beobachter, die bedrohte Bevölkerung und nicht zuletzt die Medien. Nur so kann der Terrorismus seine Wirkung entfalten. (Frindte/Haußecker, Inszenierter Terrorismus, 2010, S. 9 ) Die Kunsthistorikern Charlotte Klonk weist auf die besondere Rolle der Bilder in den Medien hin: L Bilder vom Terror (…) dienen zunächst einmal den Angreifern selbst. Die Verbreitung von Amateurbildern im Internet im Zuge einer Tat trägt als jüngste Entwicklung zur Wirksamkeit von Terrorbildern bei. Dadurch verlagert sich zumindest ein Teil der Verantwortung im Umgang mit Bildern von den herkömmlichen Instanzen der Medien auf die Schultern der Mediennutzer. Die sind nun nicht mehr nur Rezipienten der Bilder, sondern sie wirken im Internet aktiv an der Produktion, Verbreitung und Konsumtion mit und werden insofern als Prosumenten bezeichnet. (Nach: Klonk, Terror. Wenn Bilder zu Waffen werden, 2017, 213 ff.) Maßnahmen gegen den Terror: Bomben, Überwachung oder mehr Gerechtigkeit? Wie kann Terror bekämpft, wie können Terroristen unschädlich gemacht werden? Überlegungen der USA, zur Bekämpfung der Terroristen kleine und kleinste Atomwaffen herzustellen, stießen weltweit auf heftigen Widerstand. Eine solche Strategie des „Small first Strike“ lässt eine Senkung der Schwelle beim Gebrauch von Atomwaffen befürchten. Durchaus problematisch hinsichtlich einer Entwicklung zu einem Überwachungsstaat ist die Überwachung der Bürgerinnen und Bürger, z. B. im Telefonverkehr etwa durch IMSI-Catcher, durch Videoüberwachung, durch das Sammeln von biometrischen Daten oder durch Vorratsdatenspeicherung. Gegen eine Verschärfung des Strafausmaßes bei terroristischen Gewalttaten oder die bessere Koordination der Staaten bei der Verbrechensbekämpfung gibt es grundsätzlich weniger Einwände: L Wir müssen Informationen zusammenführen, enger zusammenarbeiten, Gefahren vorher erkennen und konstruktiver angehen. Und ja, wir müssen auch verstehen, dass wir ohne mehr Geld, Härte und militärische Mittel den Dschihadismus nicht besiegen können. (Nouripour, Was tun gegen Dschihadisten?, 2017, S. 283) L Der Staat muss sich gegen die (selbst-)zerstörende Gewalt zur Verteidigung des Rechts und seiner Bürger schützen. Dazu braucht es eine genau abgewogene Gewalt. Aber damit die Rechtsgewalt nicht selbst Unrecht wird, muss sie sich strengen Maßstäben unterwerfen. Sie muss u. a. auf die Ursachen des Terrors achten, der seine Quelle sehr oft in bestehendem Unrecht hat. (…) Sie muss daher auf die Beseitigung des vorausgehenden Unrechts (…) bedacht sein. (Ratzinger, von 2005–2013 Papst Benedikt XVI.: Auf der Suche nach dem Frieden. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11. 6. 2004, S. 39) Fragen und Arbeitsaufträge 1. Diskutiert in der Klasse die „Angemessenheit“ von vorbeugenden Maßnahmen und von Reaktionen auf Terror- anschläge. 2. Nimm zum Begriff „Terrorismus“ Stellung. Beziehe dazu die zwei Literaturstellen (Hillebrandt und Frindte/Haußecker) mit ein. Emanzipatorische Bewegungen und Gegenströmungen nach 1945 141 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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