Zeitbilder 8, Schülerbuch

Gender Mainstreaming beinhaltet folgenden Auftrag an die Spitze von Einrichtungen bzw. von Unternehmen und an die darin beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Es sind die unterschiedlichen Interessen und Lebenssituationen von Frauen und Männern in der Gestaltung der Arbeitsabläufe, in der Kommunikation und in der Öffentlichkeitsarbeit von vornherein zu berücksichtigen. Damit soll das Ziel der Gleichstellung von Frauen und Männern besser verwirklicht werden. Diesbezüglich sind viele Fortschritte erzielt worden. Doch manches blieb offen. „Offene Baustellen“ – Beispiel Frauenquoten Ab 2018 gilt in Österreich eine gesetzliche Frauenquote von 30 Prozent in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen: L Die jüngste diesbezügliche Analyse der Beratungsorganisation Ernst & Young kommt auf einen Frauenanteil in den Vorstandbüros von 5,6 Prozent (30. 7. 2017). Absolut stieg die Zahl von neun auf elf Frauen. Ihnen stehen 185 Männer in den Vorstandsgremien gegenüber. Der Frauenanteil in den Kontrollgremien (= Aufsichtsräten) beträgt 17,4 Prozent. 103 Frauen stehen 593 Männer gegenüber. Die Studienautorin meint: „Wer gezielt nach qualifizierten weiblichen Aufsichtsräten sucht, findet sie auch. Das gilt auch für die Vorstandsetagen.“ (Nach: Sempelmann, Nur 5,6 % Frauenquote. Online auf: www. trend. at/thema-8257 073, 8. 8. 2017) Ein Blick zurück L Ein Blick zurück in die Geschichte zeigt, dass heute eine neue Generation von Mädchen und Frauen heranwächst. Sie besitzen Bildung, Selbstbewusstsein. Viele Errungenschaften der Frauenbewegung in den 70er Jahren werden als selbstverständlich angenommen. Sie sehen sich heute nicht (mehr) als passive Opfer der gesellschaftlichen Benachteiligungen. Diese positiven Entwicklungen bilden eine solide Basis dafür, dass sich Mädchen und junge Frauen heute vermehrt einmischen und Geschlechtergerechtigkeit einfordern. Doch kulturelle Revolutionen wie ein Wandel des Geschlechterverhältnisses und damit die „Umwälzung unserer Lebensformen“ brauchen scheinbar länger als ein oder zwei Generationen. (Kromer/Hatwagner, Geschlechtergerechtigkeit. In: Friesl/Kromer/Polak, Lieben, Leisten, Hoffen, 2008, S. 228) Internationale Trendwende? Seit einiger Zeit ist international wieder so etwas wie eine Trendwende („Backlash“) spürbar. Einerseits hat sich ein Teil der Frauenbewegung vermehrter Innerlichkeit zugewandt. Andererseits hat man durch gesellschaftliche Stützungsmaßnahmen – zumindest in manchen europäischen Ländern – den Frauen eine bessere Vereinbarkeit von Mutterschaft und Beruf ermöglicht: z. B. Reduktion der Arbeitszeit während der ersten sieben Lebensjahre des Kindes; Gleichstellung der Frauen im Berufsleben; Sicherungen für die berufliche Wiedereingliederung nach der Karenzzeit; vermehrtes Angebot an Kindergärten und ganztägigen Schulen etc. Von Politikerinnen ist immer wieder die Forderung zu hören, Männer zu einem Karenzzeit zu verpflichten. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Halte in Stichworten die Ziele und Vorgaben von Gender Mainstreaming fest. 2. Diskutiert unter Einbeziehung des Beispiels Frauenquoten die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Recherchiert darüber hinaus nach weiteren aktuellen Beispielen. Alice Schwarzer, deutsche Journalistin und Publizistin. Foto, 2017. Schwarzer, seit 1984 die Herausgeberin der Frauenzeitschrift „Emma“ (gegründet 1977) wurde zur Leitfigur der Zweiten Frauenbewegung in Deutschland und Österreich. 1975 formulierte sie einen Traum von der Zukunft: „Ich träume von dem Tag, da man nicht mehr von Männern und Frauen, sondern von Menschen redet. (…) Das Leben von weiblichen und männlichen Menschen (sollte nicht) nach Rollenzwang, sondern nach persönlich unterschiedlichen Bedürfnissen und Interessen verlaufen.“ (Zit. nach: Schwarzer, Der kleine Unterschied und seine großen Folgen, 1975/2007, S. 178) Emanzipatorische Bewegungen und Gegenströmungen nach 1945 131 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=