Karikatur, Neues Österreich (Tageszeitung), 20. Juli 1946. Erkläre das Thema dieser Karikatur. Interpretiere sie im Zusammenhang mit der „Entnazifizierung“. Es gab aber auch andere Gründe, warum im Bewusstsein vieler Menschen keine „Entnazifizierung“ stattfand: L Konzentriert auf die strafrechtliche Verfolgung wurde die Aufarbeitung der weiterwirkenden Reste der NS-Ideologie vernachlässigt und ihr Weiterleben in Kauf genommen. Dazu kam, dass die „Kleinen“ oft stärker bestraft wurden als die „großen“ Täter, die es verstanden haben, sich der Verantwortung zu entziehen, und sehr bald wieder ihre früheren Positionen in Wirtschaft, Industrie und teilweise auch im Staatsdienst einnehmen konnten. Das Ergebnis war bei jenen, die sich nur als unbeteiligte „Mitläufer“ betrachteten, ein tiefes Gefühl, ungerecht behandelt worden zu sein. (…) An die Stelle von Einsicht und Umdenken traten Trotz und Verharren im Unrecht, und viele ehemalige Anhänger des Nationalsozialismus verweigerten eine offene Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. (Malina/Spann, 1938–1988, 1988, S. 30) Seit 1991: Österreich war nicht nur Opfer – es gab auch viele Täterinnen und Täter Die Frage der Entschädigung der NS-Opfer blieb viele Jahre ungelöst; vor allem deshalb, weil die österreichischen Regierungen am „Opfermythos“ festhielten. Erst im Jahre 1991 gab der damalige Bundeskanzler Franz Vranitzky im Nationalrat eine in aller Welt beachtete Erklärung ab. Erstmals sprach ein Regierungsvertreter offiziell die „Täterrolle“ vieler Österreicherinnen und Österreicher während der NS-Herrschaft an. Q Es ist unbestritten, dass Österreich im März 1938 Opfer einer militärischen Aggression mit furchtbaren Konsequenzen geworden war: Die unmittelbar einsetzende Verfolgung brachte hunderttausende Menschen unseres Landes in Gefängnisse und Konzentrationslager, lieferte sie der Tötungsmaschinerie des Nazi-Regimes aus, zwang sie zu Flucht und Emigration. Hunderttausende fielen an den Fronten oder wurden von den Bomben erschlagen. Juden, Zigeuner, körperlich oder geistig Behinderte, Homosexuelle, Angehörige von Minderheiten, politisch oder religiös Andersdenkende – sie alle wurden Opfer einer entarteten Ideologie und eines damit verbundenen totalitären Machtanspruchs. Dennoch haben auch viele Österreicher den Anschluss begrüßt, haben das nationalsozialistische Regime gestützt, haben es auf vielen Ebenen der Hierarchie mitgetragen. Viele Österreicher waren an den Unterdrückungsmaßnahmen und Verfolgungen des Dritten Reichs beteiligt, zum Teil an prominenter Stelle. Über eine moralische Mitverantwortung für Taten unserer Bürger können wir uns auch heute nicht hinwegsetzen. (…) Wir bekennen uns zu allen Taten unserer Geschichte und zu den Taten aller Teile unseres Volkes, zu den guten wie zu den bösen; und so wie wir die guten für uns in Anspruch nehmen, haben wir uns für die bösen zu entschuldigen – bei den Überlebenden und bei den Nachkommen der Toten. (Vranitzky. Online auf: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XVIII/ NRSITZ/NRSITZ_00035/imfname_142026.pdf, Stenogr. Protokoll, S. 3282 f., 13. 12. 2017) Arbeite die wesentlichen Aussagen dieser Rede heraus. Beurteile die Position, die Vranitzky zur „Täter- und Opferrolle“ der österreichischen Bevölkerung einnimmt. Im Jahr 2000 wurde ein „Versöhnungsfonds“ für noch lebende Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter eingerichtet, 2001 ein „Entschädigungsfonds“ für die Rückgabe von enteignetem jüdischem Vermögen. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Erläutere, warum aus der Moskauer Deklaration ein „Opfermythos“ abgeleitet worden ist. 2. Erkläre mögliche Gründe für die Bildung der Konzentrationsregierung im Jahr 1945 und beurteile die Vor- und Nachteile einer solchen Regierungsform. 3. Erörtere, welche Vor- bzw. Nachteile eine Verstaatlichung von wichtigen Unternehmen haben kann. 4. Stelle zusammenfassend die Maßnahmen der Entnazifizierung dar. Erkläre, welche politischen und gesellschaftlichen Probleme damit verbunden waren bzw. sind. Österreich II – die Zweite Republik 13 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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