6.2 Krisen und Kriege am Persischen Golf Islamischer Fundamentalismus im Iran Im Iran regierte Schah Resa Pahlewi (1941–1979) autoritär. Er verfolgte eine prowestliche Politik. Der größte Teil der Einnahmen aus dem Erdölexport kam nur einer kleinen Oberschicht und dem Militär zugute. Allgemeiner Unmut und Massendemonstrationen waren die Folge. 1979 zwang schließlich eine unter religiösen Vorzeichen abgelaufene Revolution den Schah zum Verlassen des Landes. Der aus dem Exil in Paris heimgekehrte schiitische Geistliche Ajatollah Khomeini nutzte die Revolution für seine fundamentalistischen Ziele. Er konnte sich auf eine breite Zustimmung der iranischen Bevölkerung stützen. Über die Zielsetzungen des islamischen Fundamentalismus heißt es in einem Fachbuch: L Seit der Mitte der 1970er-Jahre hat das Wiedererwachen des Glaubens in der islamischen Welt ungeahnte Ausmaße angenommen: Die „verschiedenen“ Reislamisierungs-Bewegungen symbolisieren – über ihre Unterschiede hinaus – einen Protest, einen Bruch mit der westlichen Gesellschaft. (…) Sie stellen sich gegen einen Islam, der sich kompromittiert und an eine moderne Welt anpasst, die von der Säkularisierung getragen wird, sie bekräftigt ihren Willen, ein goldenes Zeitalter des Islam wieder auferstehen zu lassen: „Der Koran ist unsere Verfassung.“ (Étienne, Fundamentalismus oder: Saddam und die Fackel des Islam, 1991, S. 26) Khomeini errichtete im Iran einen Staat der schiitischen Geistlichen (Mullahs), der sich streng an den Regeln des Koran orientierte. Dieser wurde zur alleinigen Basis der Verwaltung, der Rechtsprechung und der Sitten. Auf dieser Grundlage wurden – für westliches Denken – äußerst reaktionäre Maßnahmen gesetzt, wie z. B. öffentliches Auspeitschen, Verstümmeln und Hinrichten von Gesetzesbrechern oder die Verbannung der Frauen aus dem öffentlichen Leben, die sich überdies strengen Bekleidungsvorschriften unterwerfen müssen. Khomeini starb 1989. Danach hoffte die Opposition auf Reformen. Proteste gegen den staatlichen Gewaltapparat und die religiöse Vorherrschaft blieben erfolglos. Gegenwärtig zeichnet sich vor allem in der städtischen Gesellschaft eine Tendenz zu vermehrtem Pluralismus ab. Weltpolitisch und insbesondere in Israel löst das Atomprogramm des Iran große Besorgnis aus. Man fürchtet, dass der Iran atomare Waffen bauen wird. Mehrere Resolutionen des Sicherheitsrates der UNO sowie Versuche der Internationalen Atomenergiebehörde zur Kontrolle des iranischen Atomprogramms blieben lange Zeit erfolglos. 2016 konnte schließlich in Wien mit starker Unterstützung der US-Regierung unter Präsident Obama ein internationales Kontrollabkommen unterzeichnet werden. Dieses wurde von US-Präsident Trump aufgekündigt. Die USA sind unter dem neuen Präsidenten Biden an Eine junge Frau in Teheran interpretiert den seit 1979 bestehenden Kopftuchzwang so liberal wie möglich. Foto, 2018. Unter dem amerikafreundlichen Schah gehörten die Iranerinnen zu den emanzipiertesten Frauen des Nahen Ostens. Nach der Revolution des Ajatollah Khomeini wurden ihre Rechte zunehmend eingeschränkt. einer Wiederaufnahme der Verhandlungen interessiert. Mit der IAEO ist der Iran bereits wieder im Gespräch. Die israelische Regierung sieht in der Regionalmacht Iran, die den Staat Israel nicht anerkennt, eine Bedrohung des eigenen Staates. Iranische Milizen sind nämlich in Syrien aktiv, und im Libanon unterstützt der Iran die israelfeindliche Hisbollah. Eine iranische Frau hebt inmitten des Rauchs von Tränengasbomben, die die Polizei gegen die Demonstrierenden eingesetzt hat, die Faust. Foto, 2017. In Teheran waren im Dezember 2017 ausgelöst durch die massiven wirtschaftlichen Probleme des Irans spontane Massenproteste ausgebrochen. 114 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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