Zeitbilder 8, Schülerbuch

6.1 Dauerkrise im Nahen Osten Aus Palästina wird Israel Die Briten hatten im Ersten Weltkrieg das Osmanische Reich mit Hilfe arabischer Stämme besiegt. Diese erwarteten als Gegenleistung die nationale Selbstständigkeit. Großbritannien und Frankreich teilten sich jedoch die Gebiete im Nahen Osten als Mandate des Völkerbundes auf. Die Briten erhielten u. a. Palästina. (vgl. S. 120 f.) Infolge eines während des Ersten Weltkrieges gegebenen Versprechens (Balfour-Deklaration) wanderten Zehntausende jüdische Familien nach Palästina ein. Die Araber wehrten sich dagegen, bürgerkriegsähnliche Zustände waren die Folge. Dies veranlasste die Briten, ihr Mandat über Palästina aufzugeben (1948). Schon 1947 beschloss die UNO, das Land in einen arabischen und einen jüdischen Staat zu teilen. Im Mai 1948 konstituierte sich allerdings nur der jüdische Staat Israel, der sofort von seinen Nachbarstaaten angegriffen wurde. Die Israelis konnten sich jedoch behaupten und im Gegenangriff ihr Gebiet erweitern. Palästinenserinnen und Palästinenser, die vor den Kampfhandlungen in großer Zahl in die benachbarten Staaten geflüchtet waren, gliederte man dort nicht in die Gesellschaft ein. Sie wurden unter menschenunwürdigen Bedingungen in Lagern zusammengefasst, in denen sie und ihre Nachkommen heute noch leben müssen. Lediglich in Jordanien erhielten viele von ihnen die Staatsbürgerschaft. „Stellvertreterkriege“ und Terror Im Zuge der Suezkrise 1956 besetzten die Israelis die Halbinsel Sinai, um den Angriffen aus den palästinensischen Flüchtlingslagern ein Ende zu bereiten. Unter dem Druck der Supermächte mussten sie jedoch ihre Eroberungen wieder aufgeben. Da sich als Folge dieses Konflikts Ägypten mit der UdSSR verbündete, erhielt Israel die verstärkte Unterstützung der USA und dort tätiger jüdischer Organisationen bis in die Gegenwart. Die Bedrohung durch die arabischen Nachbarn spitzte sich 1967 zu, als der ägyptische Präsident Nasser unverhüllt mit der Vernichtung des jüdischen Staates drohte. Die anderen arabischen Staaten schlossen sich ihm an. So meinte die israelische Regierung, nur durch einen Präventivkrieg die vielfache Überlegenheit der arabischen Gegner ausgleichen zu können. Im folgenden „Sechstagekrieg“ siegte die israelische Armee. Sie besetzte die Golanhöhen, das Westjordanland, den Gazastreifen, die Halbinsel Sinai. Auch der Ostteil von Jerusalem fiel unter israelische Herrschaft. Israel wurde dafür von der UNO als „Aggressor“ verurteilt. In den Flüchtlingslagern der Palästinenser setzte sich inzwischen die 1964 gegründete Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) unter Jassir Arafat durch. Die PLO betrachtete die Israelis als Eindringlinge in ihr Land, die vertrieben werden müssten. Da sich Israel als unangreifbar erwies, trugen Terrorkommandos ihren Kampf in die westlichen Industriestaaten: Flugzeugentführungen und der Anschlag bei den Olympischen Spielen in München 1972 auf die israelische Olympiamannschaft bildeten seine Zuspitzung. Jom Kippur und Camp David Im Oktober 1973 griffen ägyptische und syrische Truppen am Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag, Israel überfallsartig an. Sie erzielten dabei erstmals Erfolge. Damit schwanden der Nimbus der Unbesiegbarkeit Israels und das Unterlegenheitsgefühl der Araber. Diese neue Situation führte unter Vermittlung des US-Präsidenten Carter zum Friedensabkommen von Camp David (1978) und im Jahr darauf zum Friedensvertrag zwischen Ägypten und Israel. Er beinhaltete auch die Rückgabe der Halbinsel Sinai an Ägypten. Trotzdem verschärfte sich das Verhältnis Israels zu den Palästinensern und seinen anderen Nachbarn Syrien, Libanon und Jordanien. Gründe dafür waren wiederholte palästinensische Attentate in Israel und die israelische Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten. Dort gründeten Israelis viele neue Siedlungen. Dadurch drohen palästinensisch besiedelte Gebiete faktisch zu einem Teil des Staates Israels zu werden. „Land für Frieden“? Weitere Friedensbemühungen scheiterten stets an der unnachgiebigen Haltung beider Seiten. Israel wollte die besetzten Gebiete vor einem Friedensschluss nicht einmal teilweise aufgeben, die Palästinenser machten das jedoch zur ersten Vorbedingung von Verhandlungen. Gegenseitige Provokationen verschärften die Spannungen. Sie führten 1987 zur ersten „Intifada“, dem Aufstand gegen die israelische Besetzung. Nach dem Zweiten Golfkrieg (vgl. S. 115) bemühten sich die USA verstärkt um das Zustandekommen einer Nahost-Friedenskonferenz. Das Ende des Kalten Krieges eröffnete auch hier neue Möglichkeiten. Die USA hatten bis dahin Israel immer unterstützt und alle UNO-Beschlüsse gegen Israel durch ihr Veto zu Fall gebracht. 6. Konfliktfelder der Gegenwart Die USA unter Präsident Clinton in der Rolle des Vermittlers: Das Foto zeigt den historischen Händeschlag des israelischen Ministerpräsidenten Jitzchak Rabin (links) und des Führers der Palästinenser Jassir Arafat (rechts). Foto, Washington, 13. September 1993. 112 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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