Die vorliegenden Arbeitsaufträge dienen dazu, deine Historische Fragekompetenz weiterzuentwickeln. Du wirst herausfinden, welche Fragestellungen Darstellungen zu Grunde liegen und welchen Einfluss sie daher auf Darstellungen ausüben können. Komplexe Fragestellungen werden in der Regel aus mehreren unterschiedlichen Perspektiven betrachtet. Deshalb kommen Expertinnen und Experten mit ihren Analysen häufig zu unterschiedlichen Ergebnissen und Bewertungen. Der Journalist Christoph Hein über die Rivalität im Südchinesischen Meer: Hier (im Südchinesischen Meer) verläuft die Schlagader des Welthandels zwischen dem Westen und den Wachstumsweltmeistern in Nordasien. Ein Drittel des globalen Warenverkehrs wird durch das Südchinesische Meer abgewickelt, freie Schifffahrtswege sind für Amerikaner und Asiaten ein nicht verhandelbares Gut. Besonders besorgniserregend: Inzwischen stoßen auch die Rivalen China und Indien hier bei der Suche nach Rohöl aufeinander. (…) China erhebt Anspruch auf nahezu das ganze Südchinesische Meer. (…) Indien tastet sich über den Kauf von Ölfeldern in den Vorhof des früheren Kriegsgegners China. Und Amerika betrachtet die Region, gebunden durch Verträge mit einzelnen südostasiatischen Staaten als erstes Bollwerk gegenüber Pekings Machtstreben. (…) Brantly Womack, Professor für Außenpolitik der Universität von Virginia, sieht die Wirtschaftskrise ab 2008 als Grund für die Eskalation des Streits. Seit damals gewann China aufgrund der Schwäche der restlichen Weltwirtschaft sprunghaft an Stärke. „Chinas wachsendes Gewicht hatte zwei Folgen: Erstens wuchs sein wirtschaftlicher Vorsprung gegenüber seinen südostasiatischen Nachbarländern, so dass sie sich ungeschützter und verletzlicher zu fühlen begannen. Zweitens nahm der wirtschaftliche Vorsprung der Amerikaner von China immer weiter ab, so dass Washington sich mehr und mehr um China als potentiellen Rivalen und Herausforderer zu sorgen begann.“ (…) (Hein, Säbelrasseln über dem Meer. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11. 8. 2012, S. 13) Der chinesische Amerika-Experte Huang Ping über die Beziehungen zwischen den USA und der Volksrepublik China: Huang: Man kann die Beziehungen als „gereift“ bezeichnen. Vor 40 Jahren (= Beginn der Normalisierung der Beziehungen) gab es einen einfachen Grund – die Sowjetunion. Heute hat das Verhältnis viele Dimensionen: wirtschaftliche, gesellschaftliche, wissenschaftlich-technologische, kulturelle, „people to people“, diplomatische etc. (…) Schließlich handelt es sich um Beziehungen, die für die ganze Welt wichtig sind, nicht nur für die USA und China. Standard: Wie wird es weitergehen? M1 M2 5. USA – China – Russland: Eine neue weltpolitische Konstellation? Huang: In den kommenden Dekaden kann der Pazifik eine der wichtigsten Weltregionen werden. In den USA spricht man von „rebalance“, vom neuen Ausbalancieren der US-Strategie. Das hat viel mit China zu tun, wenn es auch nicht immer für China gut ist. Auf der chinesischen Seite versuchen wir, einen neuen Typ von Machtbeziehungen zu etablieren. (…) Mit „neu“ meinen wir, dass es kein Nullsummenspiel ist. Wir sehen die USA als Großmacht, China als eine an Bedeutung gewinnende Macht. Beide können reife und komplexe, wenn auch nicht immer einfache Beziehungen entwickeln, eine für beide nützliche Zusammenarbeit. Das kann in den Bereichen Energie und Umwelt sein, aber auch in geopolitischen Fragen. (…) Diese Art von Machtverhältnis reduziert die Gefahr, dass man – auch ohne es zu wollen – in Konfrontationen oder sogar Kriege verwickelt wird. Ein Atomkrieg scheint immer weniger wahrscheinlich zu werden. Aber wir könnten leicht in einen Handelskrieg verwickelt werden. (…) (Der Standard, 21./22. 7. 2012, S. 4) Der frühere deutsche Außenminister Hans Dietrich Genscher über die „Ost-West-Beziehung heute“, 2012: G-8-Gipfel in Camp David, Nato-Gipfel in Chicago, Russlands Präsident Putin blieb beiden fern. Heißt das nun kalter Wind aus Moskau, wie so viele Kommentatoren geschrieben haben? (…) Heute geht es darum, dass Amerika, Europa und Russland ihre gemeinsamen Interessen gemeinsam definieren. Und diese Gemeinsamkeiten sind wesentlich größer, als es manche Sicherheitsbürokratien in Brüssel und auch solche in Washingtoner Amtsstuben wahrnehmen wollen. Es gibt genug Probleme, die wir nur gemeinsam mit Russland lösen können: Die Verhinderung neuer Atomwaffenbesitzer, die Verhinderung des israelisch-palästinensischen Konflikts durch eine für alle Seiten akzeptable Friedenslösung. (…). Aber angesichts der vielen anderen sicherheitspolitischen Herausforderungen kommt auch und vielleicht zuvorderst dem künftigen Verhältnis zu unserem großen Nachbarn im Osten zentrale Bedeutung zu. (…) Die Bewältigung der großen Probleme unserer Zeit geht nur mit Russland und nicht ohne und schon gar nicht gegen Russland. (Genscher, Nicht gegen, sondern mit Russland. In: Der Standard, 5. 6. 2012, S. 27) Der Journalist Joshua Kurlantzick über die Schlagwörter „Washington Consensus“ und „Beijing Consensus“: A major component of China’s appeal to developing nations is that Beijing portrays China as a potential ideal. In their dealings with other developing nations, Chinese officials suggest that China has developed a model for social and economic success, and in speeches to developing-world audiences they inM3 M4 110 Kompetenztraining Historische Fragekompetenz Einfluss der Fragestellung auf die Darstellung erkennen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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